Verstoß: Unerlaubte Verwendung von Namen und Zitat einer Person nach Beendigung dessen Auftragsverhältnisses
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BeschreibungEin prominenter Koch hatte der Beklagte einmalig seinen Namen und ein Zitat für Werbemaßnamen zur Verfügung gestellt, klagte jedoch, als die Beklagte dieses auch nach dem Vertragsende noch weiter nutzte. Das Gericht bemaß die Höhe des Schmerzensgeldes anhand der (üblicherweise im Urheberrecht angesiedelten) Lizenzanalogie auf 1.500,00 Euro.
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AktenzeichenOLG Köln, Urteil vom 04.05.2023 - 15 U 3/23
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Kategorie(n)Arbeitnehmer
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Betrag1500 €
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Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 14.12.2022 (17 O 168/22) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.500 Euro nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 14.7.2022 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 3/4 und die Beklagte zu 1/4.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger nimmt die Beklagte wegen Verwendung seines Namens sowie eines von ihm stammenden Zitats („M.“) in ihrem Versandkatalog auf Zahlung einer fiktiven Vergütung in Anspruch. Hinsichtlich der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags sowie der gestellten Anträge wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
Das Landgericht hat der auf Zahlung von 5.950 Euro nebst Zinsen gerichteten Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dem Kläger stehe eine fiktive Vergütung aus bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zu. Die Beklagte habe durch die unbefugte Verwendung seines Namens und des von ihm stammenden Zitats in den Versandkatalogen der Jahre 2019 bis 2021 die Befugnis des Klägers zur Entscheidung über die Nutzung seines Namens zu Werbezwecken verletzt. Dies sei auch rechtsgrundlos geschehen, denn die Beklagte sei im Rahmen der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast für ihre Behauptung, der Kläger habe ein Einverständnis zu einer entsprechenden Nutzung in einem Telefonat im Jahre 2018/2019 erklärt, beweisfällig geblieben. Nach der persönlichen Anhörung des Klägers sowie des Geschäftsführers der Beklagten könne keiner der beiden Schilderungen ein höherer Beweiswert beigemessen werden, was zu Lasten der beweispflichtigen Beklagten gehe. Im Rahmen der Schätzung der fiktiven Vergütung nach § 287 ZPO könnten die Bekanntheit des Klägers sowie der Inhalt seiner Verträge mit der P. und der Firma V. herangezogen werden.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt und verfolgt ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter. Sie macht geltend, Zitat und Name des Klägers seien in den Versandkatalogen nicht im Zusammenhang mit einem bestimmten einzelnen Produkt, sondern eher nur allgemein in Bezug auf Kaviar verwendet worden. In der außergerichtlichen Korrespondenz habe der Kläger von einem Einverständnis mit der Nutzung seines Namens bei einer „Werbeaktion“ der Beklagten gesprochen, ebenso im Schriftsatz vom 19.9.2022. Nachdem er in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht in Abrede gestellt habe, mit der Verwendung im streitgegenständlichen Versandkatalog einverstanden gewesen zu sein, habe er aber nicht näher erläutert, auf welche andere „Werbeaktion“ sich sein Einverständnis denn bezogen haben solle. Unstreitig habe es auch außer den streitgegenständlichen Versandkatalogen keine Werbeaktion der Beklagten mit Namen und Zitat des Klägers gegeben, die sonst gemeint gewesen sein könne. Die Beklagte ist weiter der Ansicht, jedenfalls seien die vom Kläger vorgelegten Verträge als Grundlage für eine Schätzung der fiktiven Vergütung nach § 287 ZPO nicht geeignet, da die jeweils geschuldeten Leistungen des Klägers nicht vergleichbar seien.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Bonn vom 14.12.2022 (17 O 168/22) abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er macht geltend, er habe seine Zustimmung lediglich zu einer einmaligen Werbeaktion der Beklagten gegeben und von Anfang des Rechtsstreits an deutlich gemacht, dass er jedenfalls zu der streitgegenständlichen Werbung der Beklagten in den Versandkatalogen keine Zustimmung erteilt habe. Er könne sich an die Umstände des Zustandekommens des Zitats erinnern, aber eben nicht mehr genau daran, um welche von ihm gebilligte Aktion der Beklagten es seinerzeit konkret gegangen sei. Das von der Beklagten behauptete spätere Telefonat mit einer angeblichen Zustimmungserklärung seinerseits habe es nicht gegeben. Auch der Höhe nach sei die geltend gemachte Forderung berechtigt, da er ausführlich dargelegt habe, welche Vergütung er üblicherweise für seine Werbetätigkeit erhalte. Im Hinblick auf seine Bekanntheit als Koch macht der Kläger über den erstinstanzlichen Vortrag hinaus geltend, er sei Ende März 2023 der Protagonist einer bekannten Koch-Fernsehsendung („E.“) gewesen, was seine Prominenz belege.
Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist teilweise begründet, was zur Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung im tenorierten Umfang führt. Dem Kläger steht der gegen die Beklagte geltend gemachte Zahlungsanspruch zwar dem Grunde nach, jedoch nicht in der geforderten Höhe zu.
1. Der Kläger hat dem Grunde nach einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz in Form einer fiktiven Lizenzgebühr.
a. Ein solcher Anspruch folgt jedoch entgegen den Ausführungen des Landgerichts wohl nicht aus § 812 Abs. 1 S. 1 2. Fall BGB, weil nicht festgestellt werden kann, dass die Beklagte den Namen und das Zitat des Klägers ohne seine Zustimmung und damit rechtsgrundlos genutzt hat. Der Kläger hat zwar behauptet, dass er einer Verwendung seines Namens und des Zitats speziell im Versandkatalog der Beklagten so gerade nicht zugestimmt habe. Er hat aber den Beweis für einen fehlenden Rechtsgrund, der ihm im Rahmen eines Anspruchs aus § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Fall BGB obliegt, nicht führen können. Denn die Beklagte hat im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast als Rechtsgrund die vom Kläger in einem Telefonat erteilte konkrete Zustimmung vorgetragen und nach Anhörung beider Parteien durch das Landgericht ist – was der Kläger auch nicht substantiell angreift – insoweit von einem non liquet auszugehen, § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Abweichend von den Ausführungen des Landgerichts geht dies allerdings zu Lasten des beweisbelasteten Klägers.
b. Der Anspruch des Klägers ergibt sich jedoch dem Grunde nach aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO, der im Zeitpunkt der ersten unstreitigen Verwendung des Namens im Jahre 2019 bereits in Kraft war (Art. 99 DSGVO) und auf den vom Kläger geltend gemachten Anspruch mangels eines für die Beklagte eingreifenden Medienprivilegs – der Versandkatalog ist keine journalistische Tätigkeit gemäß Art. 85 DSGVO im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, Urt. v. 14.2.2019 – C-345/17, juris; BGH, Urt. v. 12.10.2021 – VI ZR 489/19, BGHZ 231, 263) – auch sachlich Anwendung findet.
aa. Die Verwendung des Namens des Klägers – und damit eines personenbezogenen Datums – in einem Werbeprospekt ist eine Datenverarbeitung im Sinne von Art. 4 Nr. 2 DSGVO durch die Beklagte. Diese bedarf zu ihrer Rechtmäßigkeit nach Art. 6 Abs. 1 lit. a) DSGVO der Einwilligung des Klägers, weil offensichtlich kein Fall des Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO vorliegt. Unabhängig von der streitigen Frage, ob der Kläger nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO darlegungs- und beweispflichtig für einen Verstoß gegen die Verordnung ist (vgl. Kühling/Buchner/Bergt, 3. Aufl. 2020, DS-GVO Art. 82 Rn. 46), ist aber zumindest die Beklagte ihrerseits nach Art. 7 Abs. 1 DSGVO beweispflichtig für das Vorliegen einer unbefristeten und nicht nur auf eine bestimmte Nutzung beschränkten Einwilligung des Klägers, wenn sie – wie vorliegend – die Rechtmäßigkeit ihrer Datenverarbeitung auf eine solche stützt. Insofern liegt, anders als beim Anspruch aus § 812 Abs. 1 BGB, die Beweislast bei der Beklagten, womit das nach Anhörung der Parteien bestehende non liquet zu deren Lasten ausgeht.
bb. Der Senat ist weiter der Auffassung, dass jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden, also bei einem Eingriff in die vermögenswerten Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Betroffenen durch Verwendung derselben in einem kommerziellen Kontext, der Anspruch auf Ersatz des materiellen Schadens nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO auch die fiktive Lizenzgebühr umfassen kann (Lizenzanalogie). In Erwägungsgrund 146 Satz 6 ist die Zielsetzung enthalten, der betroffenen Person einen vollständigen und wirksamen Schadenersatz für den erlittenen Schaden zukommen zu lassen (vgl. EuGH, Urt. v. 17.12.2015 – C-407/14, EuZW 2016, 183; dazu auch HK-DS-GVO (Kreße), Art. 82 Rn. 6; NK-DatenschutzR (Boehm), Art. 82 Rn. 27; Strittmatter/Treiterer/Harnos CR 2019, 789; Kühling/Buchner/Bergt, 3. Aufl. 2020, DS-GVO Art. 82 Rn. 20), wozu u.a. auch der entgangene Gewinn zählen kann. Insofern erscheint es vorzugswürdig, dass der autonom auszulegende Schadensbegriff des Art. 82 Abs. 1 DSGVO insoweit für eine Ausgestaltung offen ist und mangels konkreter Regeln im Unionsrecht auch mitgliedstaatliche Rechtsgrundsätze – und damit hier die Grundsätze der sog. dreifachen Schadensberechnung – zur Berechnung des ersatzfähigen materiellen Schadens herangezogen werden können, wobei allerdings die Vorgaben des Äquivalenz- und Effektivitätsgrundsatzes hinsichtlich Haftungshöchstbetrag und etwaigem Strafschadensersatz zu beachten sind (vgl. Hellgardt, ZEuP 2022, 7; Herberger, NZFam 2021, 1088; Paal, MMR 2020, 14; Thüsing (Thüsing/Pötters), Beschäftigtendatenschutz und Compliance, 3. Aufl. 2021, § 21 Rn. 18 und 40; Ehmann/Selmayr (Nemitz), DSGVO, 2. Aufl. 2018, Art 82 Rn. 17; Paal, MMR 2020, 14, 16; dazu auch Senat, Beschl. v. 26.4.2023 – 15 U 24/23, zur Veröffentlichung bestimmt).
2. Der damit grundsätzlich gegebene Anspruch des Klägers besteht jedoch nicht in der von ihm geltend gemachten Höhe.
a. Im Fall einer nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO als Schadensersatz zu zahlenden fiktiven Lizenzgebühr ist deren Höhe vom Tatgericht gemäß der prozessrechtlichen nationalen Regelung des § 287 Abs. 2 ZPO zu schätzen. Zu fragen ist, was vernünftige Vertragspartner als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommenen Benutzungshandlungen vereinbart hätten. Im Rahmen der Ermittlung des objektiven Werts der Benutzungsberechtigung, der für die Bemessung der Lizenzgebühr maßgebend ist, müssen die gesamten relevanten Umstände des Einzelfalls in Betracht gezogen und umfassend gewürdigt werden (vgl. BGH, Urt. v. 21.1.2021 – I ZR 120/19, NJW 2021, 1303 m.w.N.). Im Rahmen der Ermittlung des objektiven Werts der in Anspruch genommenen Benutzungsberechtigung müssen dabei die gesamten Umstände des Einzelfalls in Betracht gezogen und umfassend gewürdigt werden. Wesentliche Faktoren der Bemessung sind dabei die Bekanntheit und der Sympathie-/Imagewert des Betroffenen, der Aufmerksamkeitswert, die Wirkung, der Verbreitungsgrad der Werbung und die Rolle, die dem Betroffenen in der Werbung zugeschrieben wird (vgl. BGH, Urt. v. 21.1.2021 - I ZR 207/19, GRUR-RS 2021, 548; BGH, Urt. v. 21.1.2021 – I ZR 120/19, GRUR 2021, 636; BVerfG, Beschl. v. 5.3.2009 - 1 BvR 127/09, GRUR-RR 2009, 375; Wanckel, in: Paschke u.a., Hamburger Kommentar Gesamtes MedienR, 4. Aufl. 2021, 42. Abschn. Rn. 51; Ettig, Bereicherungsausgleich und Lizenzanalogie bei Persönlichkeitsverletzungen, 2015, S.181 ff. m.w.N.).
b. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann der Kläger von der Beklagten lediglich einen Betrag von 1.500 Euro verlangen.
aa. Dabei will der Senat – entgegen der Rüge des Klägers im Schriftsatz vom 1.3.2023 (Bl. 96 SH) – nicht in Abrede stellen, dass der konkreten Darstellung von Name und Zitat im Versandkatalog der Beklagten durchaus ein Werbewert zukommt. Die Qualifizierung dieser konkreten Darstellung als Werbung hängt insbesondere nicht, wie es die Beklagte einwendet, davon ab, ob sich das dort verwendete Zitat des Klägers bzw. die Nennung seines Namens auf ein konkretes (einzelnes) Produkt beziehen, sondern ist auch dann zu bejahen, wenn lediglich Aussagen zur allgemeinen und von der Beklagten vertriebenen Produktgruppe (Kaviar) vorgenommen werden (vgl. in Abgrenzung dazu OLG Hamburg, Urt. v. 26.2.2008 – 7 U 61/07, AfP 2008, 210 zum dort fehlenden Akt der werblichen Vereinnahmung). Zwar ist vorliegend eine sog. Testimonialwerbung zu verneinen, weil aus Sicht der Empfänger der Versandkataloge nicht davon ausgegangen werden kann, der Kläger stehe mit seinem „guten Namen“ für ein Produkt der Beklagten ein. Vielmehr wird der Durchschnittsleser aus der Nennung von Namen und Zitat des Klägers allein eine allgemeine Anpreisung der betreffenden Produktgruppe (Kaviar) entnehmen. Insofern ist aber mit der streitgegenständlichen Gestaltung der Katalogseite dennoch jedenfalls ein gewisser Imagetransfer des Klägers – als ehemaligem 3-Sterne-Koch und Fachmann auf dem Gebiet hochpreisiger Lebensmittel – nicht nur allgemein auf Kaviar, sondern auch auf die von der Beklagten vermarktete Produktgruppe verbunden (vgl. dazu BGH, Urt. v. 28.7.2022 – I ZR 171/21, NJW 2022, 3783). Allein das Vorliegen eines solchen Werbewerts der Namensverwendung trifft jedoch noch keine Aussage über die Höhe der konkret geschuldeten fiktiven Lizenzgebühr. Diese ist vielmehr davon abhängig, inwelcher Art und welchem Umfang der Kläger sonst seinen Namen und seine berufliche Position werblich ausnutzt und welche Vergütung er in vergleichbaren Fällen erhält.
bb. Der Vertrag des Klägers mit der P., der eine deutlich höhere Vergütung als die tenorierte ausweist, ist vorliegend als Grundlage einer Schätzung nach § 287 ZPO nicht geeignet. In diesem Vertrag hat sich der Kläger verpflichtet, seinem Vertragspartner an zehn Tagen im Jahr für Fotoshootings bzw. PR-Maßnahmen zur Verfügung zu stehen. Dagegen hat die Beklagte weder ein Bild des Klägers im Katalog verwendet noch ist irgendein sonstiger (persönlicher) Einsatz des Klägers zur Unterstützung der Produkte der Beklagten mit entsprechenden Aufwendungen seinerseits erfolgt. Gleiches gilt für die sonstigen vom Kläger im Verfahren angeführten Tätigkeiten mit höherer Vergütung, die stets darauf basieren, dass er einen persönlichen Einsatz als Koch, Berater oder Produktvermarkter erbringen muss, was sich dann auch in der Höhe der jeweiligen Vergütung widerspiegelt. Insofern ist zu beachten, dass bei Heranziehung von (Vergleichs-) Verträgen zur Bemessung der Lizenzanalogie stets primär auch die Vergleichbarkeit der vereinbarten Leistungen mit der Verletzungshandlung zu prüfen ist (Ettig, Bereicherungsausgleich und Lizenzanalogie bei Persönlichkeitsverletzungen, 2015, S.185 m.w.N.; siehe auch BGH, Urt. v. 18.6.2020 – I ZR 93/19, GRUR 2020, 990).
cc. Als Kriterien für eine Schätzung der fiktiven Vergütung können hier daher zunächst die Bekanntheit des Klägers sowie sein Renommee als (ehemaliger) 3-Sterne-Koch herangezogen werden, die in den Augen der angesprochenen Rezipienten – Leser einen Prospektes für hochpreisige Feinkost – durchaus einen nicht unerheblichen Stellenwert einnehmen werden. Zu berücksichtigen ist auf der anderen Seite aber auch, dass es sich beim Versandkatalog der Beklagten nicht um einen ubiquitär abrufbaren Internetauftritt, sondern lediglich um ein Printprodukt handelt, das in einer verhältnismäßig geringen Auflage von 10.000 Stück aufgelegt wird, von denen auch nicht alle Exemplare verteilt wurden. Weiter enthält das mit seinem Namen in Verbindung stehende Zitat des Klägers keine werbende Aussage unmittelbar zu einem bestimmten Produkt, sondern nur eine allgemeine Aussage zu den Mengen an Kaviar, die ein entsprechend finanzstarker Feinschmecker seiner Meinung nach zu sich nehmen sollte. Ist damit zwar nicht – wie oben ausgeführt – der Werbewert als solcher in Abrede zu stellen, da jedenfalls der Name des Klägers und sein berufliches Renommee das Publikum zum Kauf größerer Mengen Kaviars animieren sollen, muss aber bei der Höhe der zu schätzenden Vergütung berücksichtigt werden, dass die Stellung des Klägers als Spitzenkoch nicht auf ein bestimmtes Produkt bezogen wird und konkret auf dieses abfärben soll (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 5.3.2009 – 1 BvR 127/09, AfP 2009, 249 – Werbung für eine Dosensuppe mit dem Bild der Beschwerdeführerin). Für eine Aussage, die eher nur allgemein den Umsatz der Beklagten verbessern soll, ist bei der Vergütung ein geringerer Betrag anzusetzen als beispielsweise für die mit Bild des Klägers versehene Anpreisung eines konkreten Produktes. Wenn man insofern berücksichtigt, dass der Kläger für ein Video mit seiner Person und werbenden Aussagen zu einem konkreten Produkt (dem Mineralwasser von H.) einen Betrag von 4.000 Euro netto für drei Jahre – also rund 1.333 Euro pro Jahr – erhalten hat, dann muss der von der Beklagten geschuldete Betrag im vorliegenden Fall, in dem in einem rund 130 Seiten starken Printkatalog lediglich auf einer einzigen Doppelseite der Name des Klägers mit einem allgemein zum Kauf von Kaviar motivierenden Zitat verwendet wird, ohne dass damit konkrete Produktanpreisungen verbunden werden oder ein bildlicher/persönlicher Einsatz des Klägers gegeben ist, deutlich geringer angesetzt werden. Der Senat hält insofern eine Jahresvergütung von 500 Euro für ausreichend und angemessen, woraus sich bei einer hier vom Landgericht unangegriffen festgestellten dreijährigen Veröffentlichung des Versandkatalogs der tenorierte Betrag von 1.500 Euro ergibt.
An diesen Erwägungen im Rahmen der Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO ändert auch das Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 17.3.2023 nichts. Die Teilnahme des Klägers an einer bundesweit ausgestrahlten und entsprechend bekannten Kochshow dürfte zwar durchaus zu einer weiterhin hohen Bekanntheit seiner Person in der Öffentlichkeit führen. Der Kläger macht jedoch selbst nicht geltend, dass und in welcher Höhe er für seine Teilnahme an der Sendung „E.“ eine Vergütung erhalten hat, so dass auch insofern nicht festgestellt werden kann, welcher vermeintlich höhere Werbewert insoweit seiner Person zugemessen wurde. Soweit die betreffende Fernsehsendung – dies wird zugunsten des Klägers als wahr unterstellt – seine Bekanntheit in der Öffentlichkeit gesteigert hat, kann dies bei der Bemessung der von der Beklagten zu zahlenden Lizenzgebühr zudem schon deshalb keine Rolle spielen, weil die Fernsehsendung erst lange nach der Verteilung der streitgegenständlichen Werbekataloge stattgefunden hat.
Schließlich ist eine Erhöhung der dem Kläger vorliegend zugebilligten fiktiven Lizenzgebühr auch im hier eröffneten Rahmen des Art. 82 Abs. 1 DSGVO nicht etwa im Hinblick auf den Gedanken eines sog. Straf- bzw. Verletzerzuschlags gerechtfertigt (vgl. dazu Hellgard, ZEuP 2022, 7, 30 für Fall nicht kommerzieller Nutzung; siehe auch Dietrich, CR 2020, 497 für den Bereich des Urheberrechts). Der Senat hat dies für den Bereich der Schadensersatzhaftung im Bereich der vermögenswerten Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts verneint (Senat, Beschl. v. 8.11.2022 – 15 U 141/22 und 15 U 142/22, zur Veröffentlichung bestimmt; siehe auch OLG München, Urt. v. 17.1.2003 – 21 U 2664/01, juris; siehe ferner BGH, Urt. v. 18.6.2020 – I ZR 93/19, GRUR 2020, 990 Rn. 26 und vertiefend Ettig, Bereicherungsausgleich und Lizenzanalogie bei Persönlichkeitsverletzungen, 2015, S.187 ff m.w.N.); hier gilt nichts anderes: Denn zum einen hat der Kläger selbst im vorliegenden Verfahren lediglich die aus seiner Sicht angemessene Vergütung in Form der einfachen (fiktiven) Lizenz geltend gemacht und dazu vorgetragen, den Klagebetrag – und nicht etwa einen geringeren Betrag, der dann im Hinblick auf einen Verletzter-/Strafzuschlag zu erhöhen gewesen wäre – bei einer fiktiven Lizenzierung hätte verlangen zu können. Zum anderen liegt der Sinn und Zweck des Anspruchs auf Ersatz jedenfalls des materiellen Schadens nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO – um den es hier allein geht - ausweislich des Erwägungsgrunds 146 in einem schlichten Ausgleich der an den vermögenswerten Rechtspositionen des Betroffenen eingetretenen Beeinträchtigungen und nicht etwa in einer über diese reine Kompensation noch hinausgehenden „Bestrafung“ des Verletzers, wozu auf Seiten der Beklagten, die sich im Hinblick auf die verworrene tatsächliche Situation rund um die Einwilligung zur Veröffentlichung von Name und Zitat letztlich subjektiv als berechtigt angesehen hat, den Versandkatalog mit den personenbezogenen Daten des Klägers zu versehen, im Übrigen auch kein Anlass besteht. Dass der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 25.1.2017 (C-367/15, NJW 2017, 1373) eine Regelung im nationalen (polnischen) Recht, die wahlweise eine Verdopplung bzw. Verdreifachung der angemessenen Vergütung bei Urheberrechtsverletzungen vorsah, europarechtlich nicht beanstandet hat, hat auf die hier vorzunehmende Schätzung des Schadens nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO, der eine entsprechende Bestimmung selbst gerade nicht vorsieht und bei dem insofern hier auch nicht auf entsprechendes nationales Recht zurückgegriffen werden kann, keine Auswirkungen. Es sind auch keine einheitlichen europäischen Rechtstraditionen ersichtlich, die etwa durchweg das Zusprechen von pauschalen Verletzerzuschlägen eröffnen würden. Selbst wenn man Art. 82 Abs. 1 DSGVO selbst eine gewisse Strafschadensfunktion zusprechen wollte (dazu kritisch aber der Generalanwalt beim EuGH, Schlussantrag v. 6.10.2022 – C-300/21, BeckRS 2022, 26562 Rn. 35 ff.), rechtfertigt dies allein keine mehr oder weniger pauschalen „Verletzerzuschläge“ ohne eine klare gesetzliche Grundlage. Das zeigt u.a. auch der Vergleich mit den noch deutlich klareren Immaterialgütern im Bereich der Enforcement-Richtlinie 2004/48/EG (Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.4.2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums, ABl. Nr. L 157 vom 30.4.2004, S. 45), die den Bereich der vermögenswerten Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zwar nicht harmonisiert (dazu Janssen, Präventive Gewinnabschöpfung, 2017, S. 371 f., 508), aber wertungsmäßig zum Vergleich hier durchaus auch herangezogen werden kann. Auch dort wird man Verletzerzuschläge – wie schon vor der Harmonisierung (BGH, Urt. v. 6.3.1980 - X ZR 49/78, GRUR 1980, 841 - Tolbutamid) – ohne klare gesetzliche Regelung im nationalen Recht, die Art. 13 Abs. 2 lit b) der Richtlinie („mindestens dem Betrag der Vergütung oder Gebühr, die der Verletzer hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des betreffenden Rechts des geistigen Eigentums eingeholt hätte“) zwar theoretisch zulassen würde, der deutsche Gesetzgeber bei der Umsetzung der Richtlinie jedoch ganz ausdrücklich nicht hat regeln wollen (BT-Drs. 16/5048, 62 zu Vorschlägen des Bundesrats), jedenfalls im Regelfall daher nicht zusprechen (st. Rspr., vgl. etwa nur BGH, Urt. v. 22.9.2021 – I ZR 20/21, GRUR 2022, 82 Rn. 14 – Layher; BGH, Urt. v. 18.6.2020 – I ZR 93/19, GRUR 2020, 990 Rn. 26 – Nachlizenzierung; siehe auch Raue, Die dreifache Schadensberechnung, 2017, S. 323 f. m.w.N.). Nichts anderes gilt aber hier, zumal gerade die kontroverse Gesetzgebungsgeschichte dieser Richtlinie zeigt, dass es selbst im klassischen „grünen Bereich“ klar abgrenzbarer Immaterialrechtsgüter keine einheitlichen Rechtstraditionen dazu in Europa gibt. Etwaige denkbare Ausnahmefälle, in denen etwa ein Verletzer sonst gegenüber einem redlichen vertraglichen Lizenznehmer ungerechtfertigte Vorteile hätte, weil etwa Schutzfähigkeitsrisiken im Raum stehen (dazu etwa Mes, PatG, 5. Aufl. 2020, § 139 Rn. 143, 147) und/oder Verwässerungsschäden lizenzerhöhend zu berücksichtigen wären (dazu BeckOK MarkenR/Goldmann, Ed. 32, § 14 Rn. 806), sind im konkreten Fall weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dass aber Art. 82 Abs. 1 DSGVO jedenfalls beim materiellen Schadensersatz – um den es hier allein geht – nicht der sog. „Überkompensation“ dienen kann, steht außer Frage und wird – weswegen hier auch von einem sog. acte-clair (dazu EuGH, Urt. v. 06.10.1982 - 283/81, NJW 1983, 1257 - C. I. L. F. I. T., Slg. 1982, 3415 Rdnr. 16 = NJW 1983, 1257) auszugehen ist – auch in Rechtsprechung und Literatur nicht vertreten.
3. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 92 Abs. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
4. Nur zu Gunsten der Beklagten war die Revision zuzulassen (vgl. zur beschränkten Zulassung: BGH, Urt. v. 24.2.2022 – I ZR 2/21, AfP 2022, 232), da die Frage, ob Art. 82 Abs. 1 DSGVO auch Schadensersatz in Form der fiktiven Lizenzgebühr ohne Nachweis eines konkreten eigenen materiellen Schadens überhaupt erfassen kann und die der Senat vorliegend zu Gunsten des Klägers bejaht hat (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 13.5.2020 – VIII ZR 222/18, NJW 2020, 3258), höchstrichterlich nicht geklärt und von grundsätzlicher Bedeutung ist. Von der eigenen Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV sieht der Senat dabei ab, um dem Bundesgerichtshof eine Ausschärfung der Rechtsprechung und ggf. eine eigene Formulierung etwaiger Vorlagefragen zu eröffnen.