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Verstoß: Auskunft nach Art. 15 DSGVO im Arbeitsverhältnis erst nach 6 Monaten und auch dann nicht vollständig

  • Beschreibung
    Eine Arbeitnehmerin erhielt ihre Auskunft nach Art. 15 DSGVO erst nach 6 Monaten und auch dann nicht vollständig. Die Vorinstanz (ArbG Herne vom 4. September 2020 – 5 Ca 178/20) hatte den Anspruch noch gänzlich abgewiesen, die folgende Instanz (BAG, Urteil vom 04.05.2022 – 2 AZR 363/21) verwarf später die auf ein höheres Schmerzensgeld gerichtete Revision.
  • Aktenzeichen
    LAG Hamm, Urteil vom 11.05.2021 – 6 Sa 1260/20
  • Kategorie(n)
    Arbeitnehmer
  • Betrag
    1000 €

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 4. September 2020 – 5 Ca 178/20 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21. August 2020 zu zahlen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 89,7 %, die Beklagte 10,3 %.

Von den übrigen Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 87,2 % und die Beklagte 12,8 %.

Die Revision wird zugelassen, soweit nicht der Kündigungsschutzantrag, der Zahlungsantrag zu Ziffer 2) und der Unterlassungsantrag betroffen sind.

Tatbestand

Die Parteien streiten zuletzt über die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung, die Vergütung von Mehrarbeit, einen Unterlassungsanspruch sowie einen Anspruch auf Zahlung von immateriellen Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO.

Die Klägerin war auf Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages seit dem 1. März 2019 als Hauswirtschafterin mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 45 Stunden pro Monat zu einem Bruttostundenentgelt von 10,00 Euro für die Beklagte tätig. Die Beklagte betreibt mit nicht mehr als zehn Arbeitnehmern einen ambulanten Pflegedienst.

Der Arbeitsvertrag der Klägerin regelt unter § 7 „Verschiedenes/Verfallklausel“ eine zweistufige Verfallklausel für alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Wegen der Einzelheiten der arbeitsvertraglichen Bestimmungen wird auf die als Anlage zu Klageschrift vom 31. Januar 2020 eingereichte Ablichtung des Arbeitsvertrages Bezug genommen.

Zu Beginn der von der Klägerin zu absolvierenden Touren hatte sie sich auf dem ihr überlassenen Diensthandy mit der App CURA.GO Tour mittels Benutzername und PIN anzumelden und am Ende des Arbeitstages wieder abzumelden.

Ende November 2020 erkrankte die Klägerin arbeitsunfähig.

Mit außergerichtlichem Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 30. Januar 2020 machte die Klägerin unter Fristsetzung bis zum 13. Februar 2020 wörtlich einen „Auskunftsanspruch nach den Datenschutzgrundverordnung im Hinblick auf sämtliche bei Ihnen gespeicherten Daten, insbesondere die Daten der Arbeitszeiterfassung“ geltend. Wegen des Schreibens wird auf die in der Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 19. Dezember 2020 eingereichte Ablichtung (Bl. 44 ff. d. A.) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 30.01.2020, der Klägerin an diesem Tag zugegangen, kündigte die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich fristgerecht zum 29. Februar 2020. Das Kündigungsschreiben enthält im Weiteren die folgende Formulierung:

„Ab sofort ist es Ihnen nicht mehr gestattet, jeglichen Kontakt während Ihres Krankenstandes und nach Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses zu Kunden sowie Angehörigen von Kunden der A GmbH aufzunehmen.

Mit einer Kontaktaufnahme verstoßen Sie gegen die geltenden Datenschutzrichtlinien, dieses hätte dann rechtliche Konsequenzen für Sie zur Folge.“.

Wegen der Einzelheiten des Kündigungsschreibens wird auf die als Anlage zur Klageschrift vom 31. Januar 2020 eingereichte Ablichtung (Bl. 11 d. A.) Bezug genommen.

Am Tag des Zugangs des Kündigungsschreibens teilte die Klägerin der Beklagten ihre fortbestehende Arbeitsunfähigkeit mit.

Mit ihrer am 31. Januar 2020 beim Arbeitsgericht Herne eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen die ausgesprochene Kündigung gewendet. Mit Klageerweiterungsschriftsatz vom 19. Februar 2020 hat die Klägerin zudem im Rahmen einer Stufenklage Auskunft über die im Zeitraum vom 1. März 2019 bis 30. Januar 2020 geleistete Arbeitszeit sowie eine eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit der Auskunft begehrt und darüber hinaus einen unbezifferten Zahlungsantrag gestellt. Im Weiteren hat sie die Feststellung der Unwirksamkeit des mit dem Kündigungsschreiben ausgesprochenen Kontaktverbots begehrt. Mit Klageerweiterungsschriftsatz vom 2. April 2020 hat die Klägerin sodann hilfsweise die Zahlung von Urlaubsabgeltung geltend gemacht und mit Klageerweiterungsschriftsatz vom 14. August 2020 die Zahlung eines in das Ermessen des Gerichts gestellten immateriellen Schadensersatzanspruchs auf der Grundlage von Art. 15 DSGVO.

Mit außergerichtlichem Schreiben vom 13. August 2020 hat die Beklagte der Klägerin Stundenzettel sowie Stundennachweise für den begehrten Zeitraum 1. März 2019 bis 30. Januar 2020 übersendet.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Kündigung verstoße als unmittelbare Reaktion auf die Krankmeldung gegen das Maßregelungsverbot. Ferner sei die Beklagte verpflichtet, Auskunft über die Arbeitszeiten zu geben. Dieser Anspruch folge aus § 242 BGB sowie aus Art. 15 DSGVO, da es sich bei der Aufzeichnung von Arbeitszeiten um persönliche Daten handele. Da die Beklagte dem Auskunftsbegehren bereits über sechs Monate nicht nachgekommen sei, habe sie einen immateriellen Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO, der mindestens 3.000,00 Euro betrage. Schlussendlich hat die Klägerin die Auffassung vertreten, dass ein Anspruch der Beklagten auf Unterlassung von Kundenkontakt jeder Grundlage entbehre.

Im Kammertermin am 4. September 2020 haben die Parteien den Auskunftsanspruch gemäß Schriftsatz vom 19. Februar 2020 übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Klägerin hat im Kammertermin zuletzt beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin zur Beklagten nicht durch die Kündigung vom 30. Januar 2020 aufgelöst wird.

2. die Beklagte zu verurteilen, die sich aus der Auskunft ergebende monatliche Arbeitszeit, welche über 45 Stunden monatlich liegt, mit 10,00 Euro brutto je Arbeitsstunde an die Klägerin zu zahlen.

3. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, die Klägerin aufzufordern, jeglichen Kontakt während ihres Krankenstandes und nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zu Kunden sowie Angehörigen von Kunden der Beklagten zu unterlassen.

4. hilfsweise für den Fall der Abweisung des Kündigungsschutzantrages, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 373,85 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

5. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen immateriellen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat zunächst behauptet, dass bei ihr kein digitales Abrechnungssystem vorläge und die Arbeitszeiten nicht mittels einer App erfasst würden. Ihre Mitarbeiter würden eine App nur zur Erfassung der Touren nutzen. Ein Arbeitszeitkonto führe sie nicht. Hinsichtlich der Urlaubsregelungen im Arbeitsvertrag sei dieser unglücklich formuliert; es sei auf den gesetzlichen Urlaubsanspruch von vier Wochen im Kalenderjahr abzustellen. Bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe die Klägerin noch einen Urlaubsanspruch von zwei Wochen aus dem Jahr 2019 und 2,5 Tagen aus dem Jahr 2020. Dieser Anspruch sei mit 293,00 Euro brutto abzugelten.

Mit Urteil vom 4. September 2020, der Klägerin am 23. September 2020 zugestellt, hat das Arbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung einer Urlaubsabgeltung in Höhe von 293,00 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen.

Dabei ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass der unbezifferte Zahlungsantrag bereits unzulässig sei, da er nicht den Bestimmtheitserfordernis genüge und entgegen der Ansicht der Klägerin nicht in ein Stufenverhältnis mit dem ursprünglich geltend gemachten Auskunftsbegehren habe gestellt werden können. Selbst wenn zugunsten der Klägerin ein Auskunftsanspruch zunächst bestanden habe, sei die begehrte Auskunft nicht zur Bezifferung des Zahlungsantrags erforderlich gewesen. Die Darlegungslast hinsichtlich der Ableistung von Arbeit in die normale Arbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang liege nämlich beim Arbeitnehmer. Die Darlegungslast könne nicht im Wege der Stufenklage dem Prozessgegner aufgebürdet werden.

Im Weiteren hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass die Kündigungsschutzklage unbegründet sei. Dabei habe die Kündigung insbesondere nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstoßen. Aus dem Sachvortrag der Klägerin ergäbe sich nicht, dass die Krankmeldung der Klägerin das maßgebliche Kündigungsmotiv gewesen sei. Zudem fehle es an einem zeitlichen Zusammenhang zwischen der Rechtsausübung der Klägerin und der Kündigung, da die Klägerin bereits zwei Monate vor Ausspruch der Kündigung krank gewesen sei. Ein Anspruch auf Unterlassung der Aufforderung, jeglichen Kontakt zu Kunden und Angehörigen von Kunden der Beklagten zu unterlassen, folge nicht aus §§ 1004, 823 Abs. 1 und 2 BGB. Zum einen lasse der Tatsachenvortrag der Klägerin keine Wiederholungsgefahr erkennen. Zudem wäre die Klägerin durch die Aufforderung im Kündigungsschreiben weder in einem absoluten Recht verletzt noch verstoße die Aufforderung gegen ein Schutzgesetz iSd. § 823 Abs. 2 BGB.

Schlussendlich stehe der Klägerin kein Anspruch auf Ersatz eines immateriellen Schadens aus Art. 82 DSGVO zu. Zwar habe die Beklagte gegen die DSGVO verstoßen, indem sie das Auskunftsersuchen der Klägerin vom 30. Januar 2020 nicht innerhalb der Fristen des Art. 12 Abs. 3 und 4 DSGVO geantwortet habe. Die Klägerin habe indes nicht vorgetragen, dass ihr durch ihren Verstoß ein immaterieller Schaden entstanden sei. Nicht jeder Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht in Form des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Satz 1 GG habe einen Entschädigungsanspruch zur Folge. Im vorliegenden Fall sei eine Persönlichkeitsrechtsverletzung der Klägerin nicht so schwerwiegend, dass sie nur durch eine Geldentschädigung in befriedigender Weise ausgeglichen werden könne. Dazu führt das Arbeitsgericht aus, dass es der Klägerin mit ihrem Auskunftsanspruch ausweislich ihres Prozessverhaltens nicht um den Schutz ihrer persönlichen Daten, sondern um die Beschaffung von Informationen zur Vorbereitung eines Zahlungsanspruchs gegen die Beklagte gegangen sei. Eine rechtswidrige Beschaffung oder Verwendung personenbezogener Daten durch die Beklagte behaupte die Klägerin indes nicht. Demgegenüber mache die Klägerin in ihrem Auskunftsschreiben vom 30. Januar 2020 einen Anspruch allein in Bezug auf ihre Arbeitszeiten gerichtlich geltend, ohne diesen Anspruch auf automatisiert verarbeitete oder im Datensystem gespeicherte Daten zu begrenzen. Im Hinblick auf die Aufzeichnung der Arbeitszeit habe die Klägerin nach allgemeinen Regeln die Obliegenheit getroffen, diese selbst aufzuzeichnen. Versäume die Klägerin diesbezügliche Informationen zu sichern, könne dies der Beklagten nicht als immaterieller Schaden angelastet werden.

Begründet sei die Klage im Hinblick auf einen Anspruch auf Zahlung von Urlaubsabgeltung in Höhe von 293,00 Euro brutto aus § 7 Abs. 4 BUrlG. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe noch ein offener Urlaubsanspruch von insgesamt 13,34 Tagen bestanden, der abzugelten sei.

Mit ihrer am 19. Oktober 2020 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 23. Dezember 2020 am 21. Dezember 2020 begründeten Berufung wendet sich die Klägerin – mit Ausnahme der Teilabweisung hinsichtlich des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung – gegen das ihr am 23.09.2020 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts.

Unter Vertiefung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vortrags vertritt sie weiter die Auffassung, aufgrund des unmittelbaren zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Arbeitsunfähigkeitsmeldung und der Kündigung sei von einer direkten Reaktion auf die Ausübung zulässiger Rechte durch sie auszugehen. Die Beklagte habe die Krankmeldung sanktionieren wollen. Daher liege ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot vor.

Weiter ist die Klägerin der Auffassung, ihr erstinstanzlich gestellter Auskunftsanspruch sei im Rahmen einer Stufenklage begründet gewesen. Der Anspruch auf Auskunft habe der Bestimmtheit eines Leistungsanspruchs gedient. Es sei ihr mit der Auskunft darum gegangen in die Lage versetzt zu werden ihren Anspruch auf Zahlung von Überstundenvergütung bestimmbar zu machen. Sie sei in entschuldbarer Weise über das Bestehende bzw. den Umfang eines Rechts im Ungewissen gewesen. Die Beklagte habe indes einfach Auskunft geben können, da sie über Zeitaufzeichnungen verfüge. Im Weiteren ergäbe sich der Auskunftsanspruch aus der Datenschutzgrundverordnung. Eine Bezifferung bis auf letzter Stufe der Stufenklage gestellten Zahlungsanspruchs hinsichtlich der Überstunden sei vor diesem Hintergrund nicht erforderlich gewesen. In zweiter Instanz habe sie nunmehr die von der Beklagten übersendeten Arbeitszeitnachweise mit den von ihr selbst notierten Arbeitszeiten verglichen. Dabei sei sie zu dem Ergebnis gekommen, dass insgesamt Mehrarbeit in Höhe von 134 Stunden und 12 Minuten angefallen sei. Diese sei zu vergüten.

Im Weiteren habe sie einen Anspruch auf Unterlassung gegen die Beklagte. Dieser ergebe sich bereits als einer Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis. Der Arbeitgeber habe aus dem bestehenden Vertragsverhältnis entsprechend Fürsorgepflichten. Gerade die Aufforderung, jeglichen Kontakt während des Krankenstandes und nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu Kunden sowie Angehörigen von Kunden zu unterlassen, bewirke ein „faktisches Wettbewerbsverbot“. Dies stelle sowohl eine Einschränkung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin nach Art. 2 Abs. 1 GG als auch eine Einschränkung der Freiheit der Berufswahl nach Art. 12 GG dar. Wenn die Klägerin sich daran halten würde, würde dies im Ergebnis bedeuten, dass sie im pflegerischen Bereich beispielsweise bei einem Konkurrenzunternehmen nicht mehr arbeiten könne, um nicht Gefahr zu laufen, doch mal Kontakt zu Kunden zu haben, welche gleichsam früher Kunden der Beklagten gewesen seien. Aus denselben Erwägungsgründen ergebe sich im Übrigen auch ein Anspruch aus §§ 1004, 823 Abs. 1 und 2 BGB. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht stelle dabei ein sonstiges Recht iSd. § 823 Abs. 1 BGB dar. Auf die Spitze getrieben würde die Unterlassungsforderung der Beklagten bedeuten, dass die Klägerin, wenn beispielsweise ein Verwandter von ihr Kunde der Beklagtenwäre, sie ab sofort keinen Kontakt mehr zu diesem aufnehmen dürfe. Letztlich könne auch ein Verstoß bzw. Eingriff in das Recht am ausgeübten Betrieb liegen, für den Fall, dass die Klägerin plane, einen eigenen Gewerbebetrieb zu eröffnen.

Schlussendlich habe die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung eines immateriellen Schadensersatzes. Dazu verweist die Klägerin darauf, dass der Auskunftsanspruch nach der DSGVO – mit Ausnahme der Information hinsichtlich der Arbeitszeit – bis heute nicht erfüllt sei. Art. 82 DSGVO komme auch eine Abschreckungsfunktion zu. Wie das Arbeitsgericht Düsseldorf zu Recht ausführe, liege bereits in dem Verlust der Kontrolle über die personenbezogenen Daten ein ersatzfähiger Schaden. Es könne nicht gefordert werden, dass die Klägerin einen weiteren immateriellen Schadensersatzanspruch darlege. Unter Berücksichtigung des Zeitablaufes halte sie mittlerweile einen Schadensbetrag in Höhe von 6.000,00 Euro für angemessen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 04.09.2020 – 5 Ca 178/20 – abzuändern und

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 30.01.2020 aufgelöst worden ist.

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.340,20 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 5. Januar 2020 zu zahlen.

3. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, die Klägerin aufzufordern, jeglichen Kontakt während ihres Krankenstandes und nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zu Kunden sowie Angehörigen von Kunden der Beklagten zu unterlassen, wobei der Beklagten für jeden Fall zu Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000,00 Euro oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten im Einzelfall angedroht wird.

4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen immateriellen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.08.2020 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

Die Beklagte verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts und führt dazu weiter aus, dass eine Prüfung des § 612a BGB nicht dazu dienen dürfe, den Arbeitsvertragsparteien die anerkannt zulässigen Möglichkeiten zur Gestaltung der Arbeits- und Ausscheidungsbedingungen zu nehmen. Eine auf Krankheitsgründen gestützte Kündigung, die während der Probezeit oder im Kleinbetrieb erklärt werde, sei nicht nach § 612a BGB unwirksam, wenn sie durch die Krankheit selbst einschließlich ihrer betrieblichen Auswirkungen veranlasst sei.

Im Weiteren stehe der Klägerin ein Anspruch auf Überstundenvergütung nicht zu. Dabei weist die Beklagte zunächst darauf hin, dass der erstinstanzlich gestellte Auskunftsanspruch der Klägerin überflüssig gewesen sei, da diese offenkundig über eigene Aufzeichnungen verfüge. Im Übrigen bestreitet sie, dass die Klägerin Arbeitsstunden geleistet hat, die über die Stunden hinausgehen, die sich aus den übersandten Arbeitszeitnachweisen ergeben. Ohnedies seien möglich Mehrstunden gemäß § 7 des Arbeitsvertrages verfallen. Zu Recht habe das Arbeitsgericht im Weiteren den Unterlassungsanspruch abgewiesen. Es sei bereits nicht erkennbar, dass eine Wiederholungsgefahr bestehe. Zudem sei es aufgrund der Rücksichtnahmepflicht auch den Arbeitnehmern verwehrt, sich ohne Einverständnis des Arbeitgebers betriebliche Unterlagen oder Daten anzueignen. Dazu gehörten auch Kundenlisten. Wenn die Klägerin demnach beabsichtige Konkurrenzunternehmen zu begründen, liege darin ein Verstoß gegen die Rücksichtnahmepflicht, wenn sie Kundenlisten der Beklagten nutze.

Schlussendlich stehe der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung eines immateriellen Schadensersatzanspruchs nicht zu. Zwar bestehe grundsätzlich ein Anspruch auf Auskunft über die Verarbeitung der Daten. Das Auskunftsbegehren, wie im außergerichtlichen Schreiben vom 30. Januar 2020 gestellt, sei indes unbegründet, weil es in seinem Umfang nicht von Art. 15 DSGVO erfasst sei. So habe die Klägerin „sämtliche“ gespeicherten Daten zur Verfügung gestellt bekommen wollen. Allenfalls habe sie indes einen Anspruch auf Auskunft über die ausschließlich sie selbst betreffenden Daten. Jedenfalls ergäbe sich aus der verspäteten Übermittlung nicht zwingend ein Schadensersatzanspruch aus Art. 82 DSGVO. Um einen Schadensersatzanspruch zu bejahen, müsse die Schwere des Verstoßes gegen die DSGVO berücksichtigt werden. Wie das Landgericht Köln zu Recht in einer Entscheidung ausgeführt habe, müssten dabei Bagatellfälle berücksichtigt werden, da nicht jeder Verstoß gegen die DSGVO, sei er noch so gering, zu einem Schadensersatz führen könne. Soweit die Klägerin umfangreich erstinstanzliche Rechtsprechung zusammengestellt habe, beträfen diese vollständig andere Sachverhalte. So gehe es beispielsweise auch um Fälle, in denen Daten an außenstehende Dritte weitergeleitet worden seien. Selbst wenn ein Schaden für die Klägerin entstanden sein sollte, müsse ein Schadensersatzanspruch abhängig von der Finanzkraft des Anspruchsgegners stehen. Im hiesigen Fall seien die von der Klägerin bezeichneten Vorstellungen hinsichtlich der Höhe des Schadensersatzes deutlich überzogen.

Wegen des weiteren Sach- und Rechtsvortrags der Parteien wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die ausweislich der Sitzungsprotokolle abgegebenen Erklärungen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist nur teilweise begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.

A) Durchgreifende Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestehen nicht.

I. Die Berufung ist nach § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft sowie nach den §§ 519 ZPO, 64 Abs. 6 S. 1, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG am 19.10.2020 rechtzeitig gegen das am 23.09.2020 zugestellte Urteil eingelegt und im Weiteren innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 21.12.2021 form- und fristgerecht i.S.d. §§ 520 Abs. 3 ZPO, 64 Abs. 6 S. 1, 66 Abs. 1 S. 3, 5 ArbGG begründet worden.

II. Soweit die Klägerin den in erster Instanz unbezifferten gestellten Klageantrag nunmehr im Rahmen der Berufungsbegründung beziffert, liegt eine Klageänderung – die im Rahmen der Berufung an den Voraussetzungen des § 533 ZPO zu messen wäre – nicht vor. Gemäß § 264 Nr. 2 ZPO ist es nicht als Klageänderung anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes der Klageantrag in der Hauptsache erweitert wird. Darunter fällt auch der Übergang von einem nicht bezifferten Feststellungsantrag zu einem bezifferten Zahlungsantrag (vgl. BGH vom 12.05.1992 – VI ZR 118/91 -; BGH vom 13.11.2014 – IX ZR 267/13-).Wird zunächst eine Stufenlage erhoben und der Auskunftsantrag gestellt, stellt der Kläger dann aber, ohne die Bescheidung des Auskunftsanspruchs abzuwarten, sogleich den Zahlungsantrag, ist dieser Antrag ebenfalls nach § § 264 Nr. 2 ZPO zulässig. Um eine Klageänderung handelt es sich nicht (BGH vom 13.11.2014 – IX ZR 267/13 – ). Für den Zahlungsantrag, der in erster Instanz noch nicht beziffert war, gilt hier nicht anderes.

B) Die Berufung ist indes nur im Hinblick auf die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines in das Ermessen des Gerichts gestellten immateriellen Schadensersatzanspruchs begründet. Insoweit hat das Arbeitsgericht die Klage zu Unrecht abgewiesen. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet.

I. Die Berufung ist teilweise begründet, soweit die Klägerin die Zahlung eines immateriellen Schadensersatzes begehrt. Sie hat aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO einen Anspruch auf Zahlung eines solchen Schadensersatzes in Höhe von 1.000,00 Euro.

1. Der Klageantrag ist zunächst bestimmt genug, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Bei einem Schadensersatzanspruch auf Geldentschädigung, bei dem die Bestimmung des Betrages von der Ermittlung der Schadenshöhe durch Beweisaufnahme oder durch gerichtliche Schätzung oder vom billigen Ermessen des Gerichts abhängt, ist es ausreichend, wenn die zahlenmäßige Feststellung der Klageforderung dem Gericht überlassen wird, sofern dem Gericht zugleich die tatsächlichen Grundlagen gegeben werden, die ihm die Feststellung der Höhe des gerechtfertigten Klageanspruchs ermöglichen (vgl. BGH vom 13.03.1967 – III ZR 8/66 m.z.N.). Selbes gilt, wenn – wie hier – die ziffernmäßige Festlegung der Schadenshöhe entscheidend von der Ausübung des richterlichen Ermessens oder einer richterlichen Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO abhängt (BGH vom 13.03.1967 – III ZR 8/66 m.z.N.). Vorliegend hat die Klägerin zudem angegeben, dass sie einen Mindestschaden von 6.000,00 Euro (vgl. Berufungsbegründung vom 21.12.2020) für angemessen erachtet.

2. Nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadensersatz gegen den Verantwortlichen.

Die DSGVO, die seit dem 25.05.2018 in Kraft getreten ist (Art. 99 Abs. 2 DSGVO) gilt gemäß Art. 288 AEUV unmittelbar in jedem Mitgliedsstaat der Europäischen Union, ohne dass es einer weiteren Umsetzung durch nationales Recht bedarf.

a) Verantwortlicher im Sinne des Art. 82 Abs. 1 DSGVO ist die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet (Art. 4 Ziff. 7 DSGVO), mithin die Beklagte.

b) Die Beklagte hat vorliegend gegen ihre Auskunftspflicht gegenüber der Klägerin aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO verstoßen. Der Auskunftsanspruch besteht auch in einem Arbeitsverhältnis. Die allgemeinen Bestimmungen der EU-DSVO enthalten eine Vollregelung, auch zum Beschäftigtendatenschutz (vgl. LAG Baden-Württemberg vom 20.12.2018 – 17 Sa 11/18 -). Der Auskunftsanspruch ist ein Grundrecht (Art. 8 Abs. 2 GRCh, Art. 6 Abs. 1 EUV) und gehört zur „Magna Charta“ der Betroffenenrechte (Lemke, der Datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch im Arbeitsverhältnis, NJW 2020, 1841ff).

Nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO hat die betroffene Person (Art. 4 Ziff. 7 DSGVO) das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden und – soweit dies der Fall ist – das weitere Recht auf die unter lit. a) bis h) der Vorschrift benannten Informationen. Nach der Vorgabe des Art. 12 Abs. 3 S. 1-3 DSGVO ist ein solches Auskunftsbegehren binnen eines Monats nach Eingang, nach einer Unterrichtung über eine Fristverlängerung binnen zwei weiterer Monate zu beantworten.

(1) Ein solches Verlangen hat die Klägerin vorliegend mit außergerichtlichem Schreiben ihres heutigen Prozessbevollmächtigten vom 30.01.2020 gestellt. Darin hat sie unter Bezugnahme auf die Datenschutzgrundverordnung Auskunft über „sämtliche bei Ihnen gespeicherten Daten, insbesondere die Daten der Arbeitszeiterfassung“ begehrt. Das Auskunftsbegehren unterliegt nach den Bestimmungen der DSGVO keinen besonders geregelten Anforderungen an Form und Inhalt. Es kann dahinstehen, ob sich der Anspruch der Klägerin inhaltlich auf den gesamten Umfang der mit dem Schreiben geltend gemachten Daten bezieht. Aus diesem verlangen konnte die Beklagte hinreichend konkret erkennen, auf welche Rechtsgrundlage die Klägerin ihr begehren stützt. Aus Art. 4 Ziff. 2 DSGVO ergibt sich zudem, dass sich die Verarbeitung, die Gegenstand des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DSGVO ist, auf jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten bezieht. Eine Einschränkung auf einen bestimmten Auskunftsteil hat die Klägerin nicht vorgenommen. Sie hat nur formuliert, dass sich ihr Begehren „insbesondere“ aber nicht erkennbar nicht ausschließlich auf die Daten der Zeiterfassung beziehe.

(2) Der Auskunftsanspruch bezieht sich inhaltlich auf personenbezogene Daten. Dabei handelt es sich nach Art. 4 Ziff. 1 DSGVO um alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person („betroffene Person“) beziehen. Zur Verarbeitung gehört nach Art. 4 Ziff. 2 DSGVO insbesondere das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung und die Verwendung solcher Daten. In einem Arbeitsverhältnis verarbeitet der Arbeitgeber zwangsläufig personenbezogene Daten der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer. Bei diesen Daten kann es sich neben den Kontaktdaten der Person etwa um Informationen über das Bestehen und die Dauer einer Arbeitsunfähigkeit, über die Gewährung von Urlaubsansprüchen oder auch über Leistungs- und Verhaltensdaten handeln. Die Beklagte hat bis heute keine Auskunft darüber erteilt, ob und zu welchem Verarbeitungszweck (Art. 15 Abs. 1 lit. a)) und nach welchen Kategorien (Art. 15 Abs. 1 lit. b)) sie entsprechende Daten der Klägerin verarbeitet. Die Beklagte hat auf das gestellte Auskunftsverlangen erstmals unter dem 13.08.2020 reagiert und der Klägerin – offenbar auch im Hinblick auf das zu diesem Zeitpunkt klageweise rechtshängig gemachte und auf den Umfang der geleisteten Arbeitszeit im Arbeitsverhältnis beschränkten Auskunftsantrag – Arbeitszeitnachweise zugesendet. Eine weitere Auskunft ist – bis heute – nicht erfolgt.

(3) Eine Haftung für die Verstöße könnte nur entfallen, wenn die Beklagte für diese nicht verantwortlich wäre, Art. 83 Abs. 3 DSGVO. Dies hat die Beklagte nicht dargetan.

c) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Klägerin durch die fehlende Erteilung der Auskunft ein immaterieller Schaden entstanden.

Das zutreffende Verständnis des Schadensbegriffs ist in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union bislang nicht geklärt. Der Begriff kann auch nicht in seinen einzelnen, für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts notwendigen Voraussetzungen unmittelbar aus der DSGVO bestimmt werden. Auch in der bislang vorliegenden Literatur, die sich unter Bezugnahme auf den Erwägungsgrund 146 überwiegend für ein weites Verständnis des Schadensbegriffs ausspricht, sind die Details und der genaue Umfang des Anspruchs noch unklar (vgl. dazu: BVerfG vom 14.01.2021 – 1 BvR 2853/19 – mit zahlreichen Nachweisen).

Weder der DSGVO noch ihren Erwägungsgründen lässt sich indes entnehmen, dass der Schadensersatzanspruch einen qualifizierten Verstoß gegen die DSGVO voraussetzt. Für die Annahme einer Erheblichkeitsschwelle oder anders – herum formuliert – die Ausnahme von Bagatellfällen, gibt es keinen Anhaltspunkt (so auch BVerfG vom 14.01.2021 – 1 BvR 2853/19 -).

Unter Berücksichtigung des Erwägungsgrundes 146 S. 3 zur DSGVO soll der Begriff des Schadens im Lichte der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes weit und auf eine Weise ausgelegt werden, die den Zielen der Verordnung in vollem Umfang entspricht. Die Ziele der DSGVO bestehen dabei u.a. darin, den Risiken für die Rechte und Freiheit natürlicher Personen zu begegnen, die – mit unterschiedlicher Eintrittswahrscheinlichkeit und Schwere – aus einer Verarbeitung personenbezogener Daten hervorgehen und zu einem immateriellen Schaden führen können. Dabei kann ein immaterieller Schaden nicht nur in einer Diskriminierung, einem Identitätsdiebstahl oder -betrug, einem finanziellen Verlust, einer Rufschädigung, einem Verlust der Vertraulichkeit von dem Berufsgeheimnis unterliegenden Daten, der unbefugten Aufhebung der Pseudonomisierung oder anderen erheblichen wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Nachteilen liegen. Er kann (bereits) entstehen, wenn die von der Verarbeitung personenbezogener Daten betroffenen Personen daran gehindert werden, die sie betreffenden personenbezogenen Daten zu kontrollieren (vgl. Erwägungsgrund 75).

In jedem Arbeitsverhältnis verarbeitet der Arbeitgeber zwangsläufig personenbezogene Daten seiner Mitarbeiter. Jeder Arbeitgeber wird mindestens die Kontaktdaten, die Bankdaten zwecks Überweisung des Entgelts sowie Anwesenheits- und Fehlzeitendaten seiner Mitarbeiter erheben, speichern und verwenden. In welchem Umfang und in welchen Kategorien eine solche Verwendung erfolgt, ist Arbeitnehmern nicht ohne weiteres ersichtlich. Ebenso können Arbeitnehmer nicht von sich aus erkennen, ob Daten auch Dritten zur Verfügung gestellt und für welche Dauer – ggf. auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses – diese Daten gespeichert bleiben. Die Beklagte wendet vorliegend nicht ein, dass sie über die der Klägerin im August 2020 übersendeten Arbeitszeitnachweise keine Weiteren personenbezogenen Daten der Klägerin verarbeitet. Eine Kontrolle über diese Daten hat die Klägerin indes nicht, solange die Beklagte ihrer Auskunftspflicht – in erster Stufe zumindest hinsichtlich der Bestätigung des „Ob“ der Verarbeitung personenbezogener Daten – nicht nachkommt. Der Klägerin fehlt dabei nicht nur die Kenntnis, welche Kategorien von Daten die Beklagte formalisiert oder nicht formalisiert verarbeitet. Sie kann ebenso nicht beurteilen, wie lange solche Daten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weiter gespeichert bleiben und an welche Dritte die Beklagte solche Daten ggf. weiterreicht. Die Schwere des immateriellen Schadens, mithin das Gewicht der Beeinträchtigung, das die Klägerin – subjektiv – wegen der bestehenden Unsicherheit und des Kontrollverlustes empfinden mag, ist für die Begründung der Haftung nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO und mithin für die Frage des „ob“ eines entstandenen Schadens nicht erheblich (so auch ArbG Düsseldorf vom 05.03.2020 – 9 Ca 6557/18).

d) Die Klägerin hat die Bemessung der Höhe des immateriellen Schadensersatzes in das Ermessen des Gerichts gestellt, § 287 Abs. 1 S. 1 ZPO. Unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles geht die Berufungskammer davon aus, dass der Klägerin zur Abgeltung des immateriellen Schadens ein Geldanspruch in Höhe von 1.000,00 Euro zusteht.

(1) Unter Berücksichtigung des Erwägungsgrundes 146 (Satz 6) zur DSGVO soll die betroffene Person einen vollständigen und wirksamen Schadensersatz für den erlittenen Schaden erhalten. Insoweit erscheint eine Orientierung an dem Kriterienkatalog für die Bemessung von Bußgeldern in Art. 83 Abs. 2 S. 2 DSGVO naheliegend (so auch ArbG Düsseldorf vom 05.03.2020 – 9 Ca 6557/18 -). Danach sind für die Ermittlung der Höhe einer Geldbuße u. a. die Art, Schwere und Dauer des Verstoßes unter Berücksichtigung der Art, des Umfangs oder des Zwecks der betreffenden Verarbeitung, der Grad des Verschuldens, Maßnahmen zur Minderung des den betroffenen Personen entstandenen Schadens, frühere einschlägige Verstöße sowie die Kategorien der betroffenen personenbezogenen Daten zu betrachten. Bei der Bemessung der Entschädigung für immaterielle Schäden kommt den Gerichten grundsätzlich ein weites Ermessen zu, § 287 Abs. 1 S. 1 ZPO. Es müssen mithin sowohl sämtliche Auswirkungen des konkreten Datenschutzverstoßes für die geschädigte Person als auch sämtliche in der Person des Schädigers liegenden, insbesondere die Tatsituation und den Verschuldensgrad betreffenden, Umstände berücksichtigt werden (vgl. Oetker in MüKoBGB, 8. Auflage 2019, § 253 ZPO Rz. 36 ff).

2) In Anwendung des zuvor dargestellten Maßstabs ist unter Berücksichtigung und Abwägung aller Umstände des Einzelfalls ein Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 Euro angemessen.

Dabei hat die Kammer zu Lasten der Beklagten berücksichtigt, dass diese die Auskunft nach Art. 5 Abs. 1 DSGVO bis zum heutigen Tag nicht erteilt hat. Die Beklagte hat der Klägerin lediglich im August 2020 Arbeitszeitnachweise übermittelt. Damit hat die Beklagte den Auskunftsanspruch allenfalls rudimentär erfüllt. Schriftsätzlich hat sich die Beklagte auf den Standpunkt gestellt, dass die Klägerin in dem Schreiben vom 30.01.2020 zu Unrecht Auskunft über „sämtliche Daten“ gefordert habe, obgleich ein Anspruch sich allenfalls auf solche Daten beziehe könne, die die Klägerin persönlich betreffen. Soweit die Beklagte darin eine Rechtfertigung erblickt, einem aus ihrer Sicht unklaren oder überzogenen Begehren nicht nachkommen zu müssen, kann dies nur zu ihren Lasten berücksichtigt werden. Zum einen erscheint eine derart weite Auslegung des Begehrens der Klägerin im Kontext des Schreibens bereits fernliegend. So erläutert der Prozessvertreter in dem Schreiben vom 30.01.2020, dass die Beklagte nach Auskunft seiner Mandantin, die Arbeitszeit elektronisch erfasse, dass es sich bei der Erfassung dieser Daten um personenbezogene Daten handele und die Mandantin daher „ihren“ Auskunftsanspruch nach der Datenschutz-Grundverordnung geltend mache. Auch für einen unbefangenen Leser ist erkennbar, dass die Klägerin keine Auskunft über Daten begehrt, die mit ihrer Person nicht in Zusammenhang stehen. Von dieser Auslegung ist die Beklagte indes auch im Kammertermin nicht abgerückt. Ein Problembewusstsein der Beklagten im Hinblick auf die Verletzung eines Rechts, dass der Europäischen Verordnungsgeber, wie sich bereits aus Art. 8 Abs. 2 der Grundrechtscharta zeigt, als sehr bedeutsam einordnet, vermochte die Berufungskammer nicht zu erkennen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin die tatsächliche Erteilung der Auskunft in der Zukunft noch außergerichtlich erreichen wird. Zugunsten der Beklagten kann insoweit nur unterstellt werden, dass einschlägige frühere Verstöße nicht vorliegen.

Obwohl das vorgehend dargestellte Verhalten die Annahme nahelegt, dass die Beklagte den Umfang und die Bedeutung ihrer Verpflichtung aus der Datenschutzgrundverordnung jedenfalls fahrlässig grob verkennt, ist zu Lasten der Klägerin zu berücksichtigen, dass sie die tatsächliche Erlangung der ihr nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO zustehenden Informationen in Erkennung des Umstandes, dass die Beklagte diesem Auskunftsbegehren nicht ohne Weiteres nachkommen wird, bislang nicht konsequent verfolgt hat. Nachdem die Beklagte im August 2020 Arbeitsnachweise erteilt hat, hat die Klägerin den Auskunftsanspruch insoweit für erledigt erklärt. Sie hat aber in der Folgezeit davon abgesehen, ihr Auskunftsverlangen im Weiteren gerichtlich geltend zu machen, um eine tatsächliche Durchsetzung zu erreichen. Vielmehr hat die Klägerin sich darauf beschränkt, unter Berufung auf die fehlende Auskunft einen immateriellen Schadensersatzanspruch gerichtlich einzuklagen. Ihr Prozessverhalten deutet für die Berufungskammer darauf hin, dass die tatsächliche Erlangung einer Kontrolle über die von ihr verarbeiteten personenbezogenen Daten nicht ihr primäres Ziel ist. Es drängt sich vielmehr für die Berufungskammer der Eindruck auf, dass es ihr in dem außergerichtlichen Schreiben vom 30.01.2020 maßgeblich um die Herausgabe der Arbeitsaufzeichnungen zum Zwecke der Bezifferung einer beabsichtigten Überstundenklage ging. Obwohl sie durch die nach wie vor ausstehende Auskunft nach wie vor keine Kontrolle über ihre personenbezogenen Daten hat, die bei der Beklagten – auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses – gegebenenfalls weiter verwendet werden, lässt das Verhalten der Klägerin nicht erkennen, dass dieser Umstand als solcher eine besondere Belastung für sie darstellt, die nicht jedenfalls mit der Zahlung eines Schadensersatzbetrages kompensiert werden könnte. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass die Klägerin beabsichtigt, die tatsächliche Erteilung der Auskunft auch im Falle der Zahlung eines Schadensersatzes durch die Beklagte weiterzuverfolgen. Dies deutet darauf hin, dass ihre persönliche Betroffenheit im Hinblick auf die fehlende Möglichkeit der Kontrolle ihrer personenbezogenen Daten überschaubar ist und Zweifel an der Nachhaltigkeit des Auskunftsverlangens berechtigt erscheinen. Dieser Umstand ist bei der Bemessung der Höhe des immateriellen Schadensersatzes – anders als bei der Frage des Entstehens eines solchen – zu berücksichtigen.

Inwieweit die Höhe des Schadensersatzes auch von dem nach Art. 4 Ziffer 7 DSGVO Verantwortlichen und dessen Finanzkraft abhängen mag (so ArbG Düsseldorf 5. März 2020 – 9 Ca 6557/18), kann dahinstehen. Keine der Parteien hat vorliegend Angaben diesbezüglich getätigt. Der Umstand, dass es sich bei der Beklagten um einen Kleinbetrieb handelt, hat für sich genommen keine Aussagekraft hinsichtlich der Finanzkraft des Unternehmens.

Unter Berücksichtigung all dessen hat die Kammer für den Verstoß der Beklagten gegen Art. 15 Abs. 1 DSGVO insgesamt einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.000,00 Euro angesetzt.

(2) Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

II. Unbegründet ist die Berufung, soweit sich die Klägerin gegen die Abweisung der Kündigungsschutzklage wendet. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB nicht vorliegt. Die Kündigung der Beklagten vom 30.01.2020 hat mithin das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zum 29.02.2020 aufgelöst.

1. Die Kündigung gilt nicht nach §§ 4, 7 KSchG als von Anfang an unwirksam. Die Klägerin hat rechtzeitig innerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 4 Satz 1 KSchG Feststellungsklage erhoben. Unabhängig davon, ob die Regelungen des § 1 KSchG auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden, gilt die Klageerhebungsfrist nach § 4 i.V.m. § 13 Abs. 1 und 23 Abs. 1 KSchG auch für schriftliche Kündigungen, wenn das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet etwa weil die Wartezeit nach § 1 Abs. 1 nicht erfüllt ist (vgl. Erfurter Kommentar/Kiel, 20. Auflage, § 4 Rd.-Nr. 2 m.w.N.).

2. Die am 30.01.2020 ausgesprochene Kündigung ist zunächst nicht auf ihre soziale Rechtfertigung gemäß § 1 Abs. 2 KSchG hin zu überprüfen. Nach § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG ist u.a. § 1 KSchG dann nicht anwendbar, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt beim Arbeitgeber in der Regel 10 oder weniger Arbeitnehmer beschäftigt waren. Davon gehen die Parteien übereinstimmend aus.

3. Die ausgesprochene Kündigung ist im Weiteren nicht wegen eines Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot (§ 612 a BGB) nichtig (§ 134 BGB).

a) Nach § 612 a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Maßnahme nicht deshalb benachteiligen, weil dieser in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Als Maßnahme kommt auch eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht. Sie kann sich als Benachteiligung wegen einer zulässigen Rechtsausübung darstellen. Das Maßregelungsverbot ist verletzt, wenn zwischen der Rechtsausübung und der Benachteiligung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Dafür muss die zulässige Rechtsausübung der tragende Grund, d.h. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme gewesen sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur der äußere Anlass für sie war (vgl. BAG vom 10.04.2014 – 2 AZR 812/12; BAG vom 19.04.2012 – 2 AZR 233/11; BAG vom 12.05.2011 – 2 AZR 384/10).

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen derjenigen Tatsachen, aus denen sich die Unwirksamkeit der Kündigung wegen Verstoßes gegen § 612 a BGB ergibt, liegt grundsätzlich beim Arbeitnehmer (vgl. BAG vom 22.05.2003 – 2 AZR 426/02; BAG vom 25.04.2001 – 5 AZR 360/99; BAG vom 21.02.2001 – 2 AZR 15/00). Die Regel des § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG, wonach der Arbeitgeber die Tatsachen zu beweisen hat, die die Kündigung bedingen, gilt außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes nicht (vgl. BVerfG vom 27.01.1998 – 1 BvL 15/97; BAG vom 21.02.2001 – 2 AZR 15/00). Der verfassungsrechtlich gebotene Schutz des Arbeitnehmers wird dadurch gewährleistet, dass insoweit die Grundsätze einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast Anwendung finden (vgl. LAG Baden-Württemberg vom 30.10.2013 – 13 Sa 45/13). Deshalb muss im ersten Schritt der Arbeitnehmer, der die zur Kündigung führenden Überlegungen regelmäßig nicht kennen wird, lediglich einen Sachverhalt vortragen, der die Unwirksamkeit der Kündigung nach §§ 612 a, 134 BGB indiziert. Ergibt sich aus seinem Vorbringen ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Maßregelungsverbot, muss dieser sich nach § 138 Abs. 2 ZPO qualifiziert auf das Vorbringen des Arbeitnehmers einlassen, um es gegebenenfalls zu entkräften. Kommt der Arbeitgeber dieser sekundären Behauptungslast nicht nach, gilt der schlüssige Sachvortrag des Arbeitnehmers gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (vgl. BAG vom 22.05.2003 – 2 AZR 426/02; LAG Rheinland-Pfalz vom 14.01.2020 – 6 Sa 83/19; LAG Rheinland-Pfalz 25.02.2014 – 6 Sa 463/13). Andernfalls hat der Arbeitnehmer die Tatsachen, aus denen sich die Unwirksamkeit ergibt, zu beweisen (vgl. LAG Baden-Württemberg vom 30.10.2013 – 13 Sa 45/13).

bb) Nach den vorgenannten Grundsätzen ist ein Verstoß seitens der Beklagten gegen das Maßregelungsverbot nicht gegeben. Die Klägerin ist ihrer Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einer zulässigen Rechtsausübung ihrerseits und der danach erfolgten Kündigung der Beklagten nicht nachgekommen.

Die Klägerin beruft sich dabei lediglich auf den Umstand, dass die Kündigung in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Mitteilung des Fortdauerns ihrer Arbeitsunfähigkeit ausgesprochen wurde. Die Annahme eines solchen zeitlichen Zusammenhangs führt aber nicht unmittelbar zu einem Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB. Eine Kündigung während oder sogar wegen einer Erkrankung ist zulässig (LAG Köln vom 15.05.2020 – 4 Sa 693/19-). Dies folgt allein schon aus dem Umkehrschluss des § 8 Abs. 1 EFZG, wonach der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht dadurch berührt wird, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit kündigt (vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 07.10.2010 – 25 Sa 1435/10; LAG Rheinland-Pfalz vom 30.08.2007 – 2 Sa 373/07; LAG Hamm vom 06.09.2005 – 19 Sa 1045/05). Die Klägerin hat mit der Mitteilung ihrer fortdauernden Arbeitsunfähigkeit keine Rechte im Sinne des § 612 a BGB ausgeübt, sondern ist vielmehr der ihr im Verhältnis zur Beklagten obliegenden gesetzlichen Verpflichtung nach § 5 Abs. 1 S. 1 EFZG nachgekommen. Auch mit dem „Kranksein“ als solchem macht ein Arbeitnehmer kein Recht geltend, sondern ist wegen der infolge Krankheit bestehenden Arbeitsunfähigkeit außerstande, seine arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen (vgl. LAG Hamm vom 06.09.2005 – 19 Sa 1045/05; LAG Köln vom 15.05.2020 – 4 Sa 693/19-). Eine Ausübung von Rechten liegt erst in dem erlaubten Fernbleiben von der Arbeit wegen subjektiver Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1 BGB). So ist ein wegen Krankheit arbeitsunfähiger Arbeitnehmer von der Pflicht zur Arbeitsleistung befreit. Er ist berechtigt, der Arbeit fernzubleiben. Droht der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer, das Arbeitsverhältnis zu kündigen, wenn der Arbeitnehmer nicht trotz Arbeitsunfähigkeit zur Arbeit erscheint und kündigt der Arbeitgeber unmittelbar nach der Weigerung des Arbeitnehmers, die Arbeit aufzunehmen, das Arbeitsverhältnis, liegt darin ein Sachverhalt, der eine Maßregelung i.S.d. § 612a BGB indiziert (vgl. BAG vom 23.04.2009 – 6 AZR 189/08; LAG Sachsen-Anhalt vom 27.07.1999 – 8 Sa 1066/98). Derartiges hat vorliegend jedoch unstreitig nicht stattgefunden. Die Klägerin behauptet weder, dass die Beklagte sie trotz ihrer Arbeitsunfähigkeit zur Arbeit aufgefordert habe, noch dass sie sich einer solchen Weisung widersetzt habe.

III. Die Berufung war sodann zurückzuweisen, soweit die Klägerin die Vergütung für 134 Stunden und 12 Minuten Mehrarbeit begehrt.

1. Zu Recht hat das Arbeitsgericht den in erster Instanz im Kammertermin unbeziffert gestellten Zahlungsantrag als unzulässig abgewiesen. Nachdem der Auskunftsanspruch von den Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt worden war, handelte es sich nicht mehr um einen Klageantrag im Rahmen einer Stufenklage. Klagen, die auf eine Geldleistung gerichtet sind, sind grundsätzlich zahlenmäßig zu beziffern (so schon BGH vom 13.03.1967 – III ZR 8/66 -). Jedenfalls nach Übersendung der Arbeitszeitnachweise ist auch nicht erkennbar, weshalb die Klägerin dazu nicht in der Lage gewesen sein oder sich eine Bezifferung als unzumutbar dargestellt haben könnte.

2. Ob der Sachvortrag der Klägerin zur Leistung von Überstunden in sich schlüssig und vollständig ist, kann im Ergebnis dahinstehen. Die Klägerin hat jedenfalls die Veranlassung der Überstundenleistung durch die Beklagte nicht substantiiert dargelegt.

a) Der Arbeitgeber ist nach § 611 Abs. 1 BGB zur Gewährung der vereinbarten Vergütung für die vereinbarte Arbeitsleistung verpflichtet. Legen die Parteien einen bestimmten zeitlichen Umfang der zu erbringenden Arbeitsleistung (Regel- oder Normalarbeitszeit) fest, betrifft die Vergütungspflicht zunächst (nur) die Vergütung der vereinbarten Normalarbeitszeit. Erbringt der Arbeitnehmer Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang, ist der Arbeitgeber zu deren Vergütung nur verpflichtet, wenn er die Leistung von Überstunden veranlasst hat oder sie ihm zumindest zuzurechnen ist. Denn der Arbeitgeber muss sich Leistung und Vergütung von Überstunden nicht aufdrängen lassen, und der Arbeitnehmer kann nicht durch überobligatorische Mehrarbeit seinen Vergütungsanspruch selbst bestimmen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Vergütungspflicht für Überstunden auf arbeitsvertraglicher Vereinbarung, tarifvertraglicher Verpflichtung des Arbeitgebers oder § 612 Abs. 1 BGB beruht. Für diese arbeitgeberseitige Veranlassung und Zurechnung ist Voraussetzung, dass diese Stunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen sein müssen (BAG vom 15.06.1961 – 2 AZR 436/60; BAG vom 10.04.2013 – 5 AZR 122/12 -).

b) Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass geleistete Überstunden angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit erforderlich waren, trägt der Arbeitnehmer als derjenige, der den Anspruch erhebt (vgl. BAG 18.04.2012 – 5 AZR 248/11 -). Dabei gelten folgende Grundsätze:

aa) Für eine ausdrückliche Anordnung von Überstunden muss der Arbeitnehmer vortragen, wer wann auf welche Weise wie viele Überstunden angeordnet hat. Dazu fehlt es an jeglichem Sachvortrag der Klägerin.

bb) Konkludent ordnet der Arbeitgeber Überstunden an, wenn er dem Arbeitnehmer Arbeit in einem Umfang zuweist, der unter Ausschöpfung der persönlichen Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers (zu diesem Maßstab siehe BAG 19.09.2012 – 5 AZR 678/11 -). nur durch die Leistung von Überstunden zu bewältigen ist. Dazu muss der Arbeitnehmer darlegen, dass eine bestimmte angewiesene Arbeit innerhalb der Normalarbeitszeit nicht zu leisten (vgl. BAG 16. 05.2012 – 5 AZR 347/11 – ) oder ihm zur Erledigung der aufgetragenen Arbeiten ein bestimmter Zeitrahmen vorgegeben war, der nur durch die Leistung von Überstunden eingehalten werden konnte (vgl. BAG 28.11.1973 – 4 AZR 62/73 -). Dabei begründet allein die Anwesenheit des Arbeitnehmers im Betrieb oder an einem Arbeitsort außerhalb des Betriebs keine Vermutung dafür, Überstunden seien zur Erbringung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen (vgl. BAG vom 10.04.2013 – 5 AZR 122/12 -). Auch hierzu trägt die Klägerin nichts vor.

cc) Mit der Billigung von Überstunden ersetzt der Arbeitgeber gleichsam durch eine nachträgliche Genehmigung die fehlende vorherige Anordnung schon geleisteter Überstunden. Die Billigung von Überstunden setzt deshalb voraus, dass der Arbeitgeber zu erkennen gibt, mit der schon erfolgten Leistung bestimmter Überstunden einverstanden zu sein. Das muss nicht ausdrücklich erfolgen und kann insbesondere dann anzunehmen sein, wenn der Arbeitgeber oder ein für ihn handelnder Vorgesetzter des Arbeitnehmers eine bestimmte Anzahl von Stunden abzeichnet und damit sein Einverständnis mit einer Überstundenleistung ausdrückt. Dass sich bereits aus den digitalen Arbeitszeitaufzeichnungen der bei der Beklagten eingesetzten CURA.GO App die Ableistung von Mehrarbeit ergibt, trägt die Klägerin nicht vor. Aus den mit der Berufungsbegründung eingereichten Anlagen ergibt sich vielmehr, dass sie in Abweichung der digitalen Aufzeichnungen von anderen Arbeitszeiten ausgeht. Dieser Vortrag reicht nicht aus.

dd) Die Duldung von Überstunden bedeutet, dass der Arbeitgeber in Kenntnis einer Überstundenleistung diese hinnimmt und keine Vorkehrungen trifft, die Leistung von Überstunden fürderhin zu unterbinden, er also nicht gegen die Leistung von Überstunden einschreitet, sie vielmehr weiterhin entgegennimmt (BAG vom 10.04.2013 – 5 AZR 122/12 – ). Dazu muss der Arbeitnehmer darlegen, von welchen wann geleisteten Überstunden der Arbeitgeber auf welche Weise wann Kenntnis erlangt haben soll und dass es im Anschluss daran zu einer weiteren Überstundenleistung gekommen ist. Erst wenn dieses feststeht, ist es Sache des Arbeitgebers, darzulegen, welche Maßnahmen er zur Unterbindung der von ihm nicht gewollten Überstundenleistung ergriffen hat. Hierzu verhält sich der Sachvortrag der Klägerin indes nicht.

ee) Inwieweit ein Anspruch auf Vergütung von Überstunden darüber hinaus in Ansehung der in § 7 des Arbeitsvertrages geregelten Ausschlussfrist verfallen wäre, kann dahinstehen.

IV. Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Unterlassungsantrag der Klägerin abgewiesen.

I. Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Unterlassung der Aufforderung, während ihrer Arbeitsunfähigkeit sowie nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Kontakt zu Kunden oder Angehörigen von Kunden der Beklagten aufzunehmen, ergibt sich nicht als quasinegatorischer Unterlassungsanspruch analog §§ 1004 i.V.m. §§ 823 Abs. 1, 2 BGB. Durch die schriftliche Äußerung der Beklagten in dem Kündigungsschreiben hat die Beklagte weder rechtswidrig in ein sonstiges Recht der Klägerin i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB eingegriffen noch ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB verletzt.

1. Zunächst ist der Klägerin darin zuzustimmen, dass das aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG abzuleitende allgemeine Persönlichkeitsrecht als „sonstiges Recht“ im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB den Schutz absoluter Rechte genießt.

a) Zunächst ist die zutreffende Sinndeutung der schriftlichen Äußerung der Beklagten unabdingbare Voraussetzung für die rechtliche Würdigung der Aussage. Maßgeblich für die Deutung einer Äußerung ist die Ermittlung ihres objektiven Sinns aus der Sicht eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums. Ausgehend vom Wortlaut, der allerdings den Sinn nicht abschließend festlegen kann, ist bei der Deutung der sprachliche Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, zu berücksichtigen. Bei der Erfassung des Aussagegehalts muss die beanstandete Äußerung ausgehend von dem Verständnis eines unbefangenen Durchschnittslesers und dem allgemeinen Sprachgebrauch stets in dem Gesamtzusammenhang beurteilt werden, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden. Fernliegende Bedeutungen sind auszuschließen (BGH vom 04.04.2017 -VI ZR 123/16 -; BGH vom 16.01.2008 – VI ZR 498/16 -).

b) In Anwendung dieser Grundsätze lässt sich die streitgegenständliche Äußerung der Beklagten in dem Kündigungsschreiben entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin zunächst nicht als arbeitgeberseitige Weisung oder arbeitgeberseitiges Verbot begreifen, mit der/dem die Entfaltungsfreiheit der Klägerin im persönlichen oder beruflichen Zusammenhang hätte eingeschränkt werden sollen. Die Formulierung, nach der der Klägerin eine Kontaktaufnahme mit Kunden der Beklagten und deren Angehörigen „ab sofort“ nicht mehr gestattet sein soll, kann dabei nicht losgelöst von dem Kontext, in den diese Formulierung gefasst ist, betrachtet werden. Der reine Wortlaut der mit dem Unterlassungsantrag angegriffenen Formulierung kann bei einem unbefangenen Leser zunächst den Eindruck erwecken, es handele sich um eine Weisung oder ein Verbot des Arbeitgebers. Ein Verständnis dahingehend, dass es der Klägerin infolge eines Verbotes durch die Beklagte ab sofort nicht mehr gestattet sei, Kundenkontakt zu pflegen, liegt trotz der grammatikalischen Wahl des Passivs („Es ist Ihnen nicht gestattet)“ anstelle des Aktivs („Ich/wir gestatten Ihnen nicht“), zunächst nahe.

Der Klägerin ist in diesem Zusammenhang weiter darin zuzustimmen, dass ein auf die Unterbindung möglichen Wettbewerbs gerichteter Anspruch der Beklagten dahingehend, dass die Klägerin keinerlei Kontakt zu deren Kunden oder Angehörigen aufnimmt, einer rechtlichen Grundlage entbehrt. Jedenfalls nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer grundsätzlich nicht daran hindern, seine rechtmäßig erlangten Kenntnisse und Fähigkeiten zu verwerten und zu seinem früheren Arbeitgeber in Wettbewerb zu treten. Nur eine den Anforderungen der §§ 74 ff. HGB entsprechende Vereinbarung eines Wettbewerbsverbotes ermöglicht es dem Arbeitgeber, dem früheren Arbeitnehmer Wettbewerbshandlungen zu untersagen (BAG vom 15.06.1993 -9 AZR 558/91 -). Zwar ist ein Arbeitnehmer auch nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verpflichtet, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses – also Tatsachen, die im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb stehen, nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt sind und nach dem bekundeten Willen des Betriebsinhabers geheim zu halten sind – zu wahren. Hierzu mögen grundsätzlich Kundenlisten zu zählen. Indes ist es dem ehemaligen Arbeitnehmer unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbs nicht verboten, Kunden aufzusuchen, deren Namen und Anschrift er aufgrund seiner Tätigkeit für den Arbeitgeber im Gedächtnis behalten oder selbst ermittelt hat (BAG vom 15.12.1987 – 3 AZR 476/86 -).

Für die Deutung der streitbefangenen Äußerung ist vielmehr zu beachten, dass die Beklagte diese in einem zusätzlichen Absatz des Kündigungsschreibens vom 30.01.2020 weiter erläutert und ihr damit eine von dem isolierten Wortlaut abweichende Bedeutung zugemessen hat. So hat sie ausgeführt, dass die Klägerin mit einer Kontaktaufnahme gegen „die geltenden Datenschutzrichtlinien“ verstoßen und dies „rechtliche Konsequenzen“ für die Klägerin haben würde. Welche genauen Vorschriften welcher konkreten Richtlinie die Beklagte dabei im Blick hatte, führt sie zwar nicht weiter aus. Aus der Verwendung des Begriffs der „Datenschutzrichtlinie“ lässt sich indes auch für den unbefangenen Leser ein Bezug zu der seit dem 25.05.2018 in Kraft getretenen Datenschutzgrundverordnung herleiten. Im Kontext dieser weiteren Aussage der Beklagten ist jedenfalls erkennbar, dass die Beklagte die Nichtgestattung von Kundenkontakt nicht im Licht eines – unrechtmäßig – ausgesprochenen Wettbewerbsverbots, sondern als Hinweis auf eine ihrer Auffassung nach bestehende Rechtslage aufgefasst hat. Anhaltspunkte dafür, dass die mit dem Unterlassungsantrag verfolgte Formulierung im Zeitpunkt des Zugangs des Kündigungsschreibens von einem eigenen Rechtsanspruch gerichtet darauf, der Klägerin den Kundenkontakt nicht zu gestatten ausgegangen ist, sind nicht erkennbar. Es handelt sich bei der Aussage nicht um eine auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichtete Willenserklärung, sondern vielmehr um eine Wissenserklärung der Beklagten. Die Beklagte hat der Klägerin dabei mitgeteilt, eine Kontaktaufnahme mit Kunden durch gesetzliche Bestimmungen – und nicht durch ihre eigene Anordnung – nicht gestattet sei und ein Verstoß gegen die gesetzlichen Bestimmungen zu rechtlichen Konsequenzen führen würde.

c) Maßgeblich für die rechtliche Bewertung ist weiterhin, ob es sich bei der hier streitigen Äußerung um eine Tatsachenbehauptung oder ein Werturteil handelt. Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert. Demgegenüber werden Werturteile und Meinungsäußerungen durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt. Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist. Das scheidet bei Werturteilen und Meinungsäußerungen aus, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen. Als Meinung zu qualifizieren ist auch eine Äußerung, in der Tatsachen und Meinungen sich vermengen, wenn sie durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, wenn diese Elemente aus Sicht des Empfängers gegenüber den zugrunde liegenden Tatsachen also nicht in den Hintergrund treten (BGH vom 04.04.2017 – VI ZR 123/16 -). a.a.O. Rn. 29).

In Anwendung dieser Grundsätze liegt vorliegend eine Tatsachenbehauptung vor. Entsprechend der unter IV, I. 1. a) herausgearbeiteten Sinndeutung der Äußerung weist die Beklagte nach ihrem Willen auf eine bestehende Rechtslage hin. Diese Aussage ist somit – vorbehaltlich des Umstandes, dass die Auslegung und Anwendung von Rechtsvorschriften auch in der gerichtlichen Praxis zu unterschiedlichen Auffassungen und Bewertungen vergleichbarer Lebenstatbestände führen kann – eine Tatsachenbehauptung. Es geht der Beklagten nicht vordergründig darum, eine eigene Meinung zu äußern oder zu einer rechtlichen Problematik Stellung zu beziehen. Aufgrund der Absolutheit der Aussage („..ist es Ihnen nicht mehr gestattet..“) treten Elemente des Dafürhaltens oder der Stellungnahme jedenfalls in den Hintergrund. Der Tatsachenkern tritt aus der eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittsempfängers selbst in den Vordergrund. Im Ergebnis sind Äußerungen selbst dann, wenn sie auf Werturteilen beruhen, als Tatsachenbehauptungen einzustufen, wenn und soweit bei dem Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird, die als solche einer Überprüfung mit Mitteln des Beweises zugänglich sind (BGH vom 17.12.1991 – VI ZR 169/91 -). Auch wenn unter Beachtung der Ausführungen des Bundesgerichtshofs (Entscheidung vom 25.04.2019 – I ZR 93/17 -) für die Auslegung einer Äußerung als Meinung nicht stets gefordert werden muss, dass die Formulierung die Einschränkung „nach unserer Rechtsauffassung“ enthält oder spiegelbildlich dazu die Auslegung als Tatsache nicht den Hinweis „nach höchstrichterlicher Rechtsprechung“ enthalten muss, war die Äußerung in dem Kündigungsschrieben für den hier betroffenen Verkehrskreis (Arbeitnehmer eines ambulanten Pflegedienstes) bei unbefangenem Lesen nur als Darstellung einer bestehenden Rechtslage zu verstehen.

d) Soweit in der angegriffenen Äußerung ein Eingriff in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gesehen werden kann, weil die Klägerin darin in der freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit und in Gestalt der freien Wahl, mit wem sie Umgang pflegt und welche beruflichen Entscheidungen sie trifft, ist dieser Eingriff jedenfalls nicht rechtswidrig.

Wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten belange festgestellt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (BGH vom 04.04.2017 – VI ZR 123/16 -). Dies gilt zunächst für das Recht auf Meinungsäußerung durch die Beklagte, Art. 5 Abs. 1 GG. Geht es um Tatsachenbehauptungen, hängt die Abwägung maßgeblich von ihrem Wahrheitsgehalt ab. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie für den Betroffenen nachteilig sind. Vom Schutz der Meinungsfreiheit nicht erfasst, sind hingegen Tatsachenbehauptungen, die im Bewusstsein ihrer Unwahrheit aufgestellt werden und deren Unwahrheit bereits im Zeitpunkt der Äußerung unzweifelhaft feststeht (vgl. LAG Düsseldorf vom 07.10.2020 – 12 SaGa 15/20 -). Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin könnte sich mithin nur ergeben, wenn die Beklagte mit dem Hinweis, der Klägerin sei weiterer Kundenkontakt ab sofort nicht mehr gestattet, Tatsachen behauptet und /oder verbreitet hätte, unwahr oder nicht erweislich wahr wären (vgl. dazu BGH vom 16.01.2018 – VI ZR 498/16; BGH vom 01.03.2016 – VI ZR 34/14; LAG Hamm vom 28.04.2017 – 1 Sa 1728/12 -) Dies war im Streitfall entgegen der Auffassung der Klägerin nicht der Fall.

(aa) Dabei kann die mit dem Unterlassungsantrag verfolgte Äußerung der Beklagten erneut nicht losgelöst von dem Kontext betrachtet werden, in den die Beklagte sie gestellt hat. Der Verweis auf geltende Datenschutzrichtlinien ist – wie ausgeführt – als Verweis auf die Datenschutz- Grundverordnung (DSGVO) zu verstehen. Nach Art. 6 Abs. 1 lit. a) / b) ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nur rechtmäßig, wenn die betroffene Person entweder ihre Einwilligung zu der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten für einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben hat (lit a)) oder die Verarbeitung zur Erfüllung eines Vertrages, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, oder zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich ist, die auf Anfrage der betroffenen Person erfolgen (lit. b)). Unter einer Verarbeitung personenbezogener Daten ist nach Art. 4 Ziff. 2 DSGVO jede Art der Verwendung zu verstehen. Eine Nutzung bekannter Namen und Adress- Telefon- oder Emaildaten zwecks Kontaktaufnahme ist jedenfalls unter diesen Begriff zu subsumieren.

(bb) Die Beklagte betreibt einen ambulanten Pflegedienst. Um ihre Kunden im Rahmen des vertraglich vereinbarten Leistungsspektrums versorgen zu können, ist die Verarbeitung zahlreicher personenbezogener Daten der Kunden und ggf. der Angehörigen der Kunden erforderlich. So muss die Beklagte neben den Kontaktdaten der Kunden und ggf. der Angehörigen auch Daten über die gesundheitliche Situation der Kunden, die gebuchten Leistungen und den Versicherungsschutz und ggf. den festgestellten Pflegegrad verarbeiten. Diese Verarbeitung ist jedenfalls von Art. 6 Abs. 1 lit. b) gedeckt. Ebenso ist von einer Einwilligung der betroffenen Personen zur Verarbeitung dieser Daten zur Erfüllung der gebuchten Dienstleistungen auszugehen. Dies umfasst auch die Einwilligung, dass Arbeitnehmer der Beklagten die Kontakt- und Gesundheitsdaten nutzen, um die (Pflege-) Dienstleistungen zu erbringen. Während des Bestands des Arbeitsverhältnisses war die Klägerin zur Erfüllung ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtungen daher fraglos befugt, Namen und Adressen sowie bei der Beklagten hinterlegte Kontaktdaten der Kunden und deren Angehörigen zu verwenden. Mit dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis kann sich die Klägerin zur Rechtfertigung der Verwendung dieser personenbezogenen Daten indes nicht mehr auf Art. 6 Abs. 1 DSGVO berufen. Die Voraussetzungen liegen nicht mehr vor. Auch ist das Vorliegen einer anderen rechtfertigenden Bedingung des Art. 6 Abs. 1 DSGVO nicht erkennbar. Nach Art. 29 DSGVO darf jede dem Verantwortlichen (vg. Art. 4 DSGVO) unterstellte Person, die Zugang zu personenbezogenen Daten hat, diese ausschließlich auf Weisung des Verantwortlichen verarbeiten. Die bei einem Unternehmen angestellten Arbeitnehmer sind daher nur in dem Umfang zur Verwendung der durch ihren Arbeitgeber zur Kenntnis gelangten personenbezogenen Daten von Kunden befugt, der zur Erfüllung ihrer arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung erforderlich ist. Die Beklagte als verantwortliche i.S.d. DSGVO ist ihrerseits verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass eine Verarbeitung der personenbezogenen Daten ihrer Kunden nur nach Maßgabe der Bestimmungen der DSGVO erfolgt (Art. 29 DSGVO). Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen ist die Darstellung, dass eine Kontaktaufnahme als Verwendung personenbezogener Daten, die durch Kenntnis der Beklagten erlangt wurden, nach den Bestimmungen der DSGVO nicht gestattet ist, nicht erkennbar falsch. Dass es hierzu Ausnahmen geben mag, wenn etwa eine Einwilligung der betroffenen Personen vorliegt, ändert die rechtliche Bewertung nicht. Ob die weitere Aussage der Beklagten, wonach eine Kontaktaufnahme durch die Klägerin wegen eines Verstoßes gegen die Datenschutz-Grundverordnung – ohne weiteres und zwingend – zu rechtlichen Konsequenzen für die Klägerin führen würde, ebenso wahr ist, bedarf keiner Entscheidung. Die Klägerin hat ihren Unterlassungsantrag nicht darauf gerichtet, dass die Beklagte es unterlassen möge, ihr solche rechtlichen Konsequenzen anzudrohen oder das Vorliegen oder Eintreten solcher Konsequenzen zu behaupten.

(cc) Die Bezugnahme der Beklagten auf geltende Datenschutzrichtlinien im letzten Absatz des Kündigungsschreibens schließt letztlich die von der Klägerin überspitzt dargestellte Vermutung, die Beklagte habe ihr durch die Formulierung in dem Kündigungsschreiben zu Unrecht untersagen wollen, Kontakt mit Kunden und deren Angehörigen aufzunehmen, wenn rein private oder sogar familiäre Beziehungen zu diesen bestehen, aus. Fernliegende Bedeutungen sind bei der Ermittlung der Sinndeutung einer Äußerung außen vor zu lassen (BGH vom 04.04.2017 – VI ZR 123/16 -). Nicht erkennbar ist auch, dass die Beklagte mit ihrer Formulierung die Tatsache erhoben hätte, ein solcher privater Kontakt sei nach datenschutzrechtlichen Bestimmungen unzulässig. Dabei ist der Klägerin beizupflichten, dass jeder rein private Kontakt von der Datenschutz-Grundverordnung nicht erfasst ist. Nach Art. 2 Abs. 1 Ziff. 3 der DSGVO findet die Datenschutz- Grundverordnung keine Anwendung auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch natürliche Personen zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten. Der Erwägungsgrund 18 stellt dabei im Umkehrschluss klar, dass ein Art. 2 Abs. 1 Ziff. 3 DSGVO eine Verarbeitung personenbezogener Daten durch natürliche Personen ohne Bezug zu einer beruflichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit umfasst. Die mit dem Unterlassungsantrag verfolgte Formulierung hat die Beklagte anlässlich der Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin verfasst. Nachdem die Beklagte im ersten Absatz des Schreibens vom 30.01.2020 die Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen hat, erfolgt in dem weiteren Absatz die Feststellung, dass der Klägerin kein Kundenkontakt mehr gestattet sei. Mit der Zeitangabe „ab sofort“ wird die Verknüpfung zu der zuvor ausgesprochenen Kündigung deutlich. Auch für den unbefangenen Leser ist erkennbar, dass sich die Nichtgestattung von Kundenkontakt nach dem Willen der Beklagten infolge der anstehenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses ergibt. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte auch den rein privaten und persönlichen Lebensbereich der Klägerin damit regeln oder Berechtigungen feststellen wollte, sind damit lebensfremd.

Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls überwiegt vorliegend das Recht der Beklagten auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 GG. Obwohl sich die Klägerin – jedenfalls subjektiv – beeinträchtigt gefühlt hat, muss sie die Äußerung der Beklagten im Ergebnis dulden. Ein rechtwidriger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist im Streitfall nicht gegeben.

e) Ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Klägerin hinsichtlich des Teils der Äußerung der Beklagten in dem Kündigungsschreiben, der sich auf Kundenkontakt während der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin bezieht, scheidet mangels Wiederholungsgefahr aus. Grundsätzlich wird die für jeden Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr durch das festgestellte rechtsverletzende verhalten indiziert (BGH vom 10.07.2018 – VI ZR 225/17 -). Vorliegend wurde indes das Arbeitsverhältnis der Parteien i zum 29.02.2020 aufgelöst worden. Damit scheidet eine Wiederholungsgefahr aus.

2. Ein Unterlassungsanspruch kommt auch unter anderen Gesichtspunkten nicht in Betracht. Da sich die Beklagte, wie ausgeführt, entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin in dem Kündigungsschreiben keines eigenen wettbewerblichen Unterlassungsanspruchs gegen die Klägerin berühmt, ist bereits der Schutzbereich des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs, der ein sonstiges Recht i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB darstellt, nicht betroffen. Die Möglichkeit eines Eingriffs in die freie Berufswahl der Klägerin kommt ebenso nicht in Betracht. Dabei ist zu beachten, dass der von der Klägerin angeführte Art. 12 GG als individuellfreiheitliches Grundrecht ein typisches Abwehrrecht gegen staatliche Maßnahmen darstellt. Anders als das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sind die sich aus Art. 12 GG ergebenden Freiheitsrechte keine sonstigen Rechte im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB. Im Weiteren ist eine Verletzung eines Schutzgesetzes i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB nicht erkennbar. Auch ergibt sich aus dem Sachvortrag der Klägerin dazu nichts.

II. Ein Unterlassungsanspruch ergibt sich schlussendlich nicht aus einer Fürsorgepflicht als vertraglicher (Neben-) Pflicht der Beklagten aus dem Arbeitsverhältnis. Dabei kann dahinstehen, ob sich aus einer solchen Fürsorgepflicht eine eigene Anspruchslage für einen Unterlassungsanspruch herleiten lässt oder die Fürsorgepflicht im Rahmen der Prüfung von Unterlassungsansprüchen analog §§§ 1004, 823 BGB zu berücksichtigen ist.

Die Fürsorgepflicht ist Ausfluss des in § 242 BGB niedergelegten Gedankens von Treu und Glauben, der den Inhalt der Schuldverhältnisse bestimmt. Aus dieser Vorschrift sind für das Arbeitsverhältnis verschiedene Nebenrechte- und pflichten abzuleiten. Dabei ist bei der Frage, was Treu und Glauben jeweils gebieten, auch auf die in den Grundrechten des Grundgesetzes zum Ausdruck gekommene Wertentscheidung der Verfassung Bedacht zu nehmen (vgl. GS vom 27.02.1985 – GS 1/84 -). Damit gewinnt der verfassungsrechtliche Persönlichkeitsschutz für das Arbeitsverhältnis und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten Bedeutung.

Wie unter IV. ausgeführt, liegt im Streitfall ein rechtwidriger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin nicht vor. Damit scheidet ein Unterlassungsanspruch aus.

III. Mangels Anspruchs auf Unterlassung der beanstandeten Äußerung hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Androhung eines Ordnungsgeldes für den Fall der Zuwiderhandlung.

C) Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2, § 64 Abs. 6 ArbGG, § 92 Abs. 1 ZPO. Danach haben die Parteien die Kosten des Berufungsverfahrens im Verhältnis ihres Obsiegens und Unterliegens zu tragen. Dies gilt auch für die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens.

Im Rahmen der erstinstanzlichen Kostenentscheidung ist dabei im Hinblick auf den für übereinstimmend erklärten Auskunftsanspruch § 91 a Abs. 1 ZPO zu berücksichtigen. Insoweit ist das Arbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der mit Schriftsatz vom 19.02.2020 gestellte Antrag auf Erteilung von Auskunft über die im Zeitraum vom 01.03.2019 bis 30.01 2020 geleistete Arbeitszeit im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses (Zugang der übersendeten Arbeitszeitnachweise der Beklagten bei der Klägerin) unbegründet war.

I. Die Besonderheit der Stufenklage liegt in erster Linie darin, dass ein unbestimmter Antrag entgegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zugelassen wird. Die Stufenklage soll einer Partei keineswegs die Prozessführung allgemein erleichtern. Vielmehr muss ihr Unvermögen zur bestimmten Angabe der von ihr auf der letzten Stufe seiner Klage beanspruchten Leistung gerade auf den Umständen beruhen, über die sie auf der ersten Stufe Auskunft begehrt. Im Rahmen der Stufenklage ist die Auskunft lediglich ein Hilfsmittel, um die (noch) fehlende Bestimmtheit des Leistungsanspruchs herbeizuführen (BGH vom 29.03.2011 – VI ZR 117/10 (KG), NJW 2011, 1815), jedoch nicht, um sich eine sonstige mit der Bestimmbarkeit als solcher nicht in Zusammenhang stehende Information zu verschaffen (BGH vom 17.10.2012 – XII ZR 101/10, NJW 2012, 3722). Nicht erforderlich ist, dass durch die in der ersten Stufe geltend gemachte Auskunft alle Informationen zu erlangen sind, die für die Bezifferung des in einer weiteren Stufe verwirkten Leistungsanspruchs notwendig sind.

Vorliegend bedurfte es nach eigenem Vorbringen der Klägerin in der Berufungsinstanz bereits nicht der geltend gemachten Auskunft, um einen bezifferten Zahlungsanspruch geltend machen zu können. Die Klägerin verfügte nach eigenem Vorbringen in der Berufungsbegründung über eigene Arbeitszeitaufzeichnungen. Nach Zusendung von Arbeitszeitnachweisen durch die Beklagte hat sie diese Aufzeichnungen offenbar mit ihren privaten Aufzeichnungen verglichen und auf diese Weise im Falle einer Abweichung nach oben die Abgeltung geleisteter Mehrarbeit begehrt. Eine irgendwie geartete rechtserhebliche Ungewissheit über rechtlich erhebliche Tatsachen ist nicht ersichtlich.

II. Aus den gleichen Gründen bestand auch nach allgemeinen Grundsätzen kein weitergehender Auskunftsanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten.

Auch im Rahmen der §§ 241 Abs. 2, 242 BGB besteht keine allgemeine, nicht aus besonderen Rechtsgründen abgeleitete Pflicht zur Auskunftserteilung. Auch die ZPO kennt keine über die anerkannten Fälle der Pflicht zum substantiierten Bestreiten hinausgehende Aufklärungspflicht der nicht darlegungs- und beweisbelasteten Partei. Weder die Aufgabe der Wahrheitsfindung noch das Rechtsstaatsprinzip hindert den Gesetzgeber daran, den Zivilprozess der Verhandlungsmaxime zu unterstellen und es in erster Linie den Parteien zu überlassen, die notwendigen Tatsachenbehauptungen aufzustellen und die Beweismittel zu benennen. Darauf beruht die Regelung der Behauptungs- und Beweislast im Zivilprozess. Im Grundsatz gilt, dass keine Partei gehalten ist, dem Gegner das Material für dessen Prozesssieg zu verschaffen (BAG 01.12.2004 – 5 AZR 664/03; LAG Rheinland-Pfalz vom 18.02.2019 – 3 Sa 354/18 -)

Gewohnheitsrechtlich ist zwar anerkannt, dass Auskunftsansprüche nach Treu und Glauben bestehen können, wenn die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann ( BAG vom 24.10.2018 – 10 AZR 69/18; BAG vom 04.11.2015 – 7 AZR 972/13 -). Denn der Ausgleich gestörter Vertragsparität gehört zu den Hauptaufgaben des Zivilrechts (BVerfG vom 19.10.1993 – 1 BvR 56/89). Ein Ungleichgewicht kann etwa aus einer wirtschaftlichen Übermacht oder aus einem erheblichen Informationsgefälle resultieren. Eine solche Situation kann es erfordern, Auskunftsansprüche zu statuieren, die eine Vertragspartei zur Wahrnehmung ihrer materiellen Rechte aus dem Vertrag benötigt. Im Regelfall setzt das einen dem Grunde nach feststehenden Leistungsanspruch voraus (BAG vom 04.11.2015 – 7 AZR 972/13 -). Innerhalb vertraglicher Beziehungen, insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen, kann der Auskunftsanspruch darüber hinaus die Funktion haben, dem Berechtigten Informationen auch schon über das Bestehen des Anspruchs dem Grunde nach zu verschaffen (BAG vom 01.12.2004 – 5 AZR 664/03 -)

Im Arbeitsverhältnis wird der Inhalt dieser Nebenpflicht durch eine besondere persönliche Bindung der Vertragspartner geprägt. Aus dem Arbeitsverhältnis ergeben sich spezifische Pflichten zur Rücksichtnahme. Besteht ein billigenswertes Interesse an einer Auskunft, z.B. weil sie zur Geltendmachung eines Leistungsanspruchs erforderlich ist, kann sie verlangt werden, soweit die Verpflichtung keine übermäßige Belastung des Vertragspartners darstellt und die gesetzliche Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Prozess berücksichtigt bleibt. Die Darlegungs- und Beweissituation darf nicht durch die Gewährung materiell rechtlicher Auskunftsansprüche unzulässig verändert werden (BAG vom 04.11.2015 – 7 AZR 972/13; BAG vom 14.11.2012 – 10 AZR 783/11 -).

Vorliegend waren der Klägerin die maßgeblichen tatsächlichen Angaben aus eigenem Erleben bekannt; sie hat darüber hinaus selbst Aufzeichnungen geführt. Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin in entschuldbarer Weise in irgendeiner Form über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen war.

III. Der begehrte Auskunftsanspruch ergab sich auch nicht aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO. Das von der Klägerin in dem Klageantrag als „Auskunft“ bezeichnete Rechtsschutzziel war ausweislich der Klagebegründung im Schriftsatz vom 14.08.2020 auf Herausgabe der elektronischen Daten der Zeiterfassung (in Form der von der Beklagten gespeicherten und der Klägerin nur rudimentär vorliegenden Mitarbeiterzeitnachweise) gerichtet. Der in Art. 15 Abs. 1 DSGVO normierte Anspruch bezieht sich zunächst lediglich auf das „Ob“ der Verarbeitung personenbezogener Daten sowie – im Falle einer positiven Antwort – auf die Erläuterung der unter Art. 15 Abs. 1 lit a) bis h) normierten Kategorien. Zudem gewährt Art. 15 Abs. 3 DSGVO der betroffenen Person einen Anspruch auf eine Kopie der Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind. Die beiden Rechte stehen selbständig nebeneinander. Es kann hier dahinstehen, ob die betroffene Person aus Art. 15 DSGVO grundsätzlich auch einen Anspruch auf materielle Einsicht in die von ihr verarbeiteten personenbezogenen Daten herleiten kann. Unter Berücksichtigung des Erwägungsgrundes 63 zur DSGVO, wonach das Auskunftsrecht dem Betroffenen dazu dient „sich der Verarbeitung bewusst zu sein und deren Rechtmäßigkeit“ überprüfen zu können“, liegt ein solches Verständnis tatsächlich nahe. Grundgedanke ist die Transparenz der Daten.

Ungeachtet dieser Zielrichtung und der Systematik der DSVGO rechtfertigt der konkret vorliegende Fall nach Auffassung der Berufungskammer eine abweichende Beurteilung. Die Klägerin hat ihren Auskunftsanspruch in die Form einer Stufenklage gemäß § 254 ZPO eingebettet, um damit die Bezifferung einer Klage auf Vergütung von Mehrarbeit vorzubereiten. Wie unter c) I. 1. ausgeführt, verfügte die Klägerin zudem über handschriftliche Aufzeichnungen ihrer Arbeitszeit. Die Anerkennung des Auskunftsanspruchs auf der ersten Stufe der Stufenklage würde in diesem Fall zu einer Umdrehung der Behauptungs- und Beweislast in einem Überstundenprozess führen. Im Grundsatz gilt, dass keine Partei gehalten ist, dem Gegner das Material für dessen Prozesssieg zu verschaffen (BAG 01.12.2004 – 5 AZR 664/03; LAG Rheinland-Pfalz vom 18.02.2019 – 3 Sa 354/18 -). Rechtsziel der Klägerin war hier erkennbar nicht, sich der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten bewusst zu werden und deren Rechtmäßigkeit überprüfen zu können. Aus diesem Grund ist im vorliegenden Fall ein Auskunftsanspruch abzulehnen gewesen.

D) Die Zulassung der Revision beruht – soweit sie erfolgt ist – auf § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG. Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen über Umfang und Reichweite des Auskunfts- und Schadensersatzanspruch nach Art. 15 Abs. 1, 82 Abs. 1 DSGVO haben grundsätzliche Bedeutung.