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Verstoß: Verspätete Auskunft entgegen Art. 15 DSGVO

  • Beschreibung
    Ansprüche aus DSGVO wurden hier widerklagend geltend gemacht. Der Widerkläger hatte im Onlineshop der Widerbeklagten eingekauft, jedoch nicht bezahlt. Als die Widerbeklagte ihre Forderungen geltend machte, hielt der Widerkläger diesem Zahlunganspruch seinen Anspruch auf Schadensersatz wegen verspäteter Auskunft entgegen und rechnete damit auf - erfolgreich.
  • Aktenzeichen
    AG Düsseldorf, Urteil vom 17.08.2023 - 51 C 206/23
  • Kategorie(n)
    Sonstige Probleme
  • Betrag
    500 €

Tenor:

  1. Der Beklagte wird verurteilt an die Klägerin 76,93 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.07.2022 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 76,44 € zu zahlen.
  2. Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt
  3. dem Beklagten eine Kopie sämtlicher Daten, die sie über ihn verarbeitet, an diesen herauszugeben;
  4. dem Beklagten Auskunft darüber zu erteilen, an welche anderen Unternehmen sie seine Daten übermittelt hat;
  5. an den Beklagten einen Betrag in Höhe von 500,00 € über dem Basiszinssatz seit dem 16.06.2023 zu zahlen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wen nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheitshaft in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 61% und der Beklagte zu 39%.

Tatbestand:

Die Klägerin unterhält einen Onlineshop. In diesem kaufte der Beklagte unter dem 29.06.2022 Waren im Wert von 76,93 €.

Die Ware hat er erhalten, aber nicht bezahlt – der Beklagte widersprach der erfolgten Abbuchung von seinem Konto.

Die Klägerin schaltete ohne Erfolg ein Inkassounternehmen zur Durchsetzung der Forderung ein.

Unter dem 19.12.2022 beantragte die Klägerin gegen den Beklagten einen Mahnbescheid hinsichtlich der Hauptforderung sowie vorgerichtlicher Kosten in Form von Mahn-, Auskunfts-, Bankrücklast- und Inkassokosten in Höhe von insgesamt 90,24 €.

Gegen den antragsgemäß zugestellten Mahnbescheid legte der Beklagte fristgerecht Widerspruch ein. Im vorliegenden Verfahren verfolgt die Klägerin ihren bisher geltend gemachten Anspruch fort. Sie ist der Auffassung, dass ihr diese zustehen.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 76,93 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.07.2022 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von insgesamt 90,24 € zu zahlen.

Der Beklagte beantragt

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte wendet gegen die Hauptforderung ein, dass ihm seinerseits höhere Ansprüche gegen die Klägerin zustünden, die er mit der Widerklage verfolge.

Hinsichtlich der Nebenforderung erhebt er Einwände dem Grunde und der Höhe nach. Der Beklagte hat die Klägerin aufgefordert, gemäß Artikel 15 Abs. 1 und 2 DSGVO eine umfassende Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten erteilen und zudem gemäß Artikel 15 Abs. 3 S. 1 DSGVO eine Kopie sämtlicher Daten zur Verfügung stellen.

Zwischen den Parteien ist streitig, ob er dies mit E-Mail vom 23.12.2022 oder erst am 02.06.2023 getan hat.

Die Klägerin erteilte keine Auskunft, so dass der Beklagte wegen der genannten Ansprüche mit der Klageerwiderung eine Widerklage erhob.

Der Beklagte beantragt widerklagend

  1. die Klägerin zu verurteilen ihm eine Kopie sämtlicher Daten, die sie über ihn verarbeitet, an ihn herauszugeben;
  2. die Klägerin zu verurteilen ihm Auskunft darüber zu erteilen, an welche anderen Unternehmen sie seine Daten übermittelt hat;
  3. die Klägerin zu verurteilen an ihn eine Geldentschädigung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, einen Betrag von 1.000,00 Euro aber nicht unterschreiten sollte, nebst Verzugszinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Klägerin beantragt

die Wiederklage abzuweisen.

Sie macht die Auskunftserteilung davon abhängig, dass der Beklagte seine Identität nachweist.

Zum anderen ist sie der Auffassung, dass sein Verhalten rechtsmissbräuchlich sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akte und die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Klage ist zulässig und im tenorierten Umfang auch begründet.

a. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 76,93 € gemäß § 433 Abs. 2 BGB.

Der Beklagte kaufte bei der Klägerin in deren Onlineshop am 29.06.2023 eine USBPowerbank eine Tintenpatrone für einen Drucker zzgl. Versandkosten zu einem Preis in Höhe von insgesamt 76,93 € Den Kaufpreis zahlte er nicht. Substantiierte Einwendungen dem Grunde und der Höhe nach hinsichtlich der Entstehung des Anspruchs hat der Beklagte nicht erhoben.

b. Der Zinsanspruch ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges, §§ 286 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 BGB, die Zinshöhe folgt aus §§ 247 Abs. 2, 288 Abs. 1 BGB.

c. Weiter hat die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung von vorgerichtlichen Kosten in Höhe von 76,44 € gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass der Schädiger diejenigen Kosten der Rechtsverfolgung zu ersetzen hat, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren. Maßgeblich ist die ex ante-Sicht einer vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Person. Dabei sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Es kommt darauf an, wie sich die voraussichtliche Abwicklung des Schadensfalls aus der Sicht des Geschädigten darstellt (BGH, VII ZR 320/21 mwN.). Hiervon ausgehend war die Einschaltung eines Inkassodienstes durch die Klägerin erforderlich und zweckmäßig. Insofern konnte die Klägerin davon ausgehen, in der Annahme, dass ihre vorherige Mahnung dem Beklagten zugegangen ist (, was der Beklagte bestreitet), aber erfolglos geblieben war, die Einschaltung eines Inkassodienstes die erforderliche Ernsthaftigkeit ihrer Anspruchsdurchsetzung trotz des geringen Betrages ausdrücken und so ein gerichtliches Verfahren möglicherweise vermeiden könnte.

d. Keinen Anspruch hat die Klägerin auf die darüber hinaus geltend gemachten vorgerichtlichen Kosten in Höhe von 14,00 €. Insoweit hat sie nicht ausreichend dargelegt und unter Beweis gestellt, dass diese in der Höhe angefallen sind (Mahnkosten und Rücklastkosten) bzw. notwendig waren (Auskunftskosten).

2. Die Widerklage ist zulässig und im tenorierten Umfang auch begründet

a. Der Beklagte hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Herausgabe einer Kopie sämtlicher Daten, die sie über ihn verarbeitet sowie auf Auskunftserteilung, an welche anderen Unternehmen die Beklagte seine Daten übermittelt hat gemäß Art. 15 Abs. 1 und 15 Abs. 3 DSGVO.

Die Klägerin hat mit der Replik erklärt die entsprechende Forderung des Beklagten zu erfüllen. Getan hat sie dies indes nicht. Berechtigte Einwände die Erfüllung nicht zu leisten, bestehen nicht. Es kann dahinstehen, ob der Beklagte die Klägerin bereits unter dem 23.12.2022 oder erst am 02.06.2023 zur Auskunft aufgefordert hat. Die Frist des Art. 12 Abs. 3 S. 1 und DSGVO ist jedenfalls nunmehr abgelaufen.

Auch kann die Klägerin nicht verlangen, dass der Beklagte sich zuvor mit einem Personaldokument limitiert. Ein solcher Anspruch besteht, falls nicht sicher ist, dass der Anspruchsteller nicht die Person, die er behauptet zu sein, Art. 12 Abs. 6 DSGVO. Derartige begründete Zweifel bestehen hier jedoch nicht.

b. Weiter hat der Beklagte gegen die Klägerin einen Anspruch auf immateriellen Schadensersatz in Höhe von 500,00 € gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO Indem die Klägerin die dem Beklagten nach Art. 15 DSGVO zustehenden Ansprüche nicht erfüllt, führt dies zu einem Schadensersatzanspruch.

Der Umstand, dass der Beklagte systematisch Verstöße gegen die DSGVO in Bezug auf seine Person verfolgt, ist bei der Höhe des Schadenersatzes zu berücksichtigen, führt aber nicht dazu, dass dies einen Anspruch wegen rechtsmissbräuchlichen Handelns ausschließt.

Ein immaterieller Schadensersatz dient der Genugtuung, soll aber keine Einnahmequelle darstellen. Weiter kommt es bei der Höhe des Betrages nicht darauf an, wie wirtschaftlich potent der Anspruchsgegner ist. Der immaterielle Schadensersatzanspruch des geschädigten hat insoweit keine Straffunktion, so dass es auf eines „abschreckende“ Wirkung nicht ankommt.

Eine Erhöhung kommt auch nicht unter dem Gesichtspunkt in Betracht, dass die Klägerin sich – rechtlich unbegründet – weigert die Auskunft zu erteilen und verlangten Daten herauszugeben. Dies wäre nur der Fall, wenn die Klägerin mit den Daten weiter arbeiten würde, insbesondere sie seit dem spätestens 02.06.2023 an weitere Dritte weitergegeben hätte weitergeben würde und allein damit den Schaden des Beklagten vertiefen würde Dies ist aber nicht ersichtlich.

c. Der Zinsanspruch zu lit. b. ergibt sich aus § 291 BGB, die Widerklage wurde der Klägerin am 15.06.2023 zugestellt. Die Zinshöhe folgt aus §§ 247 Abs. 2, 288 Abs. 1 BGB.

Der Streitwert wird festgesetzt auf: 1.476,93 € (Klage: 76,93 €, Widerklage: Anträge lit.a. und b.: je 200,00 €, Antrag lit. c.: 1.000,00 €)