Verstoß: Unberechtigte Datenweiterleitung an die Schufa
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BeschreibungDie Parteien hatten einen Vergleich über zwei Forderungen geschlossen, einschließlich der Rücknahme der Meldung dieser an die Schufa. Dennoch meldete die Beklagte die beiden Forderungen nochmals dorthin, wohl durch ein technisches Versehen.
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AktenzeichenOLG Hamburg, Urteil vom 30.08.2023 - 13 U 71/21
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Kategorie(n)Schufa
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Betrag2000 €
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Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 18, vom 15.3.2021, Geschäfts-Nr. 318 O 213/20, unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 2.000,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.3.2020 zu zahlen.
Die Beklagte wird ferner verurteilt, den Kläger von dem verbleibenden Rest der entstandenen außergerichtlichen Geschäftsgebühr in Höhe von € 179,27 freizustellen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger ¾ und die Beklagte ¼.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 10.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I. Von der Darstellung des Parteivorbringens sowie der gestellten Anträge wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a i.V.m. 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO abgesehen.
II. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hat in der Sache teilweise Erfolg.
Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Ersatz immateriellen Schadens gem. Art. 82 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 DSGVO in Höhe von insgesamt € 2.000,00.
Die Beklagte hat als „Verantwortlicher“ i.S.d. Art. 4 Nr. 7 DSGVO gegen ihre Pflichten aus Art. 5, 6 i.V.m. Art. 4 Abs. 2 DSGVO verstoßen, indem sie ihre Forderungen gegen den Kläger erneut an die Schufa gemeldet hat, obwohl – unstreitig – die im Vergleich vom 25.4.2019 vereinbarten Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen.
Hierdurch ist dem Kläger auch ein ersatzfähiger immaterieller Schaden entstanden.
Maßgeblich sind hiernach die im deutschen Recht für die Schmerzensgeldbemessung maßgeblichen Kriterien, womit die Höhe des Ersatzanspruchs auf Grund einer Würdigung der Gesamtumstände des Falls unter Berücksichtigung der dem Schmerzensgeld zukommenden Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion festzusetzen ist.
Der Senat erachtet hiernach einen Betrag in Höhe von € 1.000,00 je Meldung, mithin insgesamt € 2.000,00 als angemessen. Dabei ist zu Lasten der Beklagten insbesondere berücksichtigt, dass ihre Meldungen an die Schufa ohne jede Grundlage erfolgt sind und die Beklagte mit ihnen auch noch gegen die Regelungen in dem mit dem Kläger geschlossenen Vergleich verstoßen hat. Andererseits ist nicht zu erkennen, dass der Beklagten hier mehr als ein Fahrlässigkeitsvorwurf zu machen ist. Zwar ist ihr Vortrag dazu, dass die Meldungen durch einen technischen Fehler verursacht worden seien, „dünn“ – und reicht daher auch nicht zur Entlastung nach Art. 82 Abs. 3 DSGVO aus –, jedoch sind umgekehrt auch keinerlei konkrete Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass es sich um mehr als ein Versehen gehandelt hat. Ferner hat die Beklagte die rechtswidrigen Meldungen kurzfristig nach Aufforderung durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers gegenüber der Schufa widerrufen. Darüber hinaus ist jedenfalls an dieser Stelle zu berücksichtigen, dass die Meldungen letztlich auch keine weiteren negativen Konsequenzen für den Kläger hatten.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Kläger an der Geltendmachung des hiernach in Höhe von € 2.000,00 bestehenden Schadenersatzanspruchs nicht durch die Regelung gem. Ziffer 3 des Vergleichs vom 25.4.2019 gehindert. Soweit es in dem Vergleich heißt, dass der Kläger mit Zustandekommen des Vergleichs aus den Negativeinträgen zu den Verträgen keine Ansprüche mehr gegen die Beklagte geltend machen könne und dass dies insbesondere auch für etwaige Schadenersatzansprüche gelte, betrifft dieser Ausschluss ganz offensichtlich keine Ansprüche, welche sich erst aus künftigen, zeitlich nach Zustandekommen des Vergleichs liegenden Verstößen der Beklagten gegen die Bestimmungen der DSGVO ergeben.
Der Anspruch auf Freihaltung von vorgerichtlichen Anwaltskosten besteht lediglich in Höhe von € 179,27.
Hierzu gilt zunächst, dass der Geschäftswert der vorgerichtlichen Tätigkeit sich grundsätzlich nur aus der berechtigten Hauptsacheforderung berechnet. Berechtigt ist die Hauptsacheforderung, wie zuvor ausgeführt, lediglich in Höhe von € 2.000,00. Zu berücksichtigen ist hier jedoch, dass die Höhe der Forderung letztlich vom gerichtlichen Ermessen abhängt. Der Senat schließt sich hierzu der Auffassung des OLG München vgl. i.E. Urteil vom 23.2.2022, 7 U 1195/21, juris Rz. 50, 54 f) an, dass bei einem Schmerzensgeldbegehren eine Zuvielforderung von 20 % kostenrechtlich unschädlich ist und der Kläger daher so zu stellen ist, als hätte er mit € 2.400,0 (= 120 % von € 2.000,00) obsiegt.
Ferner erachtet der Senat lediglich eine 1,3-Gebühr für die vorgerichtliche Tätigkeit als angemessen. Nach dem gesetzlichen Gebührentatbestand in Nr. 2300 VV-RVG kann eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Dies ist vorliegend nicht ersichtlich. Allein der vom Kläger hervorgehobene Umstand, dass selbst nach Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts der Umfang, die Tragweite und die Anforderungen an den immateriellen Schadenersatzanspruch nach der DSGVO noch nicht geklärt seien, reicht insoweit nicht aus, zumal nicht zu erkennen ist, dass im Rahmen der vorgerichtlichen Tätigkeit eine Auseinandersetzung mit den insoweit offenen Frage erfolgt ist.
Die Geschäftsgebühr beläuft sich hiernach auf € 261,30. Da der Kläger lediglich Ersatz des nach Anrechnung gem. Vorb. 3 Abs 4 VV RVG verbleibenden Rests der Geschäftsgebühr (zuzüglich Auslagen und MwSt) verlangt und der Senat hieran im Hinblick auf § 308 Abs. 1 ZPO gebunden ist, ist die Klage in Bezug auf den Freistellungsantrag lediglich in Höhe von € 179,27 (1/2 von € 261,30 = € 130,65 + € 20,00 Auslagen + € 28,62 MwSt) begründet.
Der insoweit geltend gemachte Zinsanspruch besteht nicht, da gem. §§ 288 Abs. 1 S. 1, 291 S. 1 BGB nur Geldschulden zu verzinsen sind, zu denen ein Freistellungsanspruch nicht gehört (vgl. u.a. OLG Frankfurt, Urteil vom 20.12.2018, 8 U 53/17, juris Rz. 96 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, wobei auch hier berücksichtigt ist, dass eine Zuvielforderung von 20 % kostenunschädlich ist (s.o.).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.