Verstoß: Unberechtigte Datenverarbeitung
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BeschreibungDer Kläger hatte sich bei einem Webshop sämtliche Bestellfelder ausgefüllt, die Bestellung danach aber nicht abgeschlossen, sondern das Browserfenster geschlossen. Die Beklagte kontaktierte den Kläger daraufhin mehrfach, ob er die Bestellung nicht noch abschließen wolle.
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AktenzeichenAG Mitte, Urteil vom 19.04.2023 - Az. 21 C 126/21
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Kategorie(n)Werbung und Tracking
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Betrag250 €
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Tenor:
- Das Versäumnisurteil vom 9.05.2022 wird insoweit aufgehoben, als die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger 250,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.05.2021 und weitere 90,96 EUR vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen.
- Im Übrigen wird das Versäumnisurteil vom 9.05.2022 aufrechterhalten und die Klage abgewiesen.
- Der Kläger hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die jeweils gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Beklagte vermietet u.a. Fahrräder über das Internet an ihre Kunden.
Der Kläger füllte am 31.03.2021 auf der Internetseite der Beklagten unter …………….ein Bestellformular teilweise aus und gab dabei auf der ersten Seite des Bestellvorgangs seinen Vornamen und Namen, seine Wohnanschrift, seine E-Mail Adresse und seine Telefonnummer an. Er setzte einen Haken zum Akzeptieren der Geschäftsbedingungen und Datenschutzerklärung. Durch Betätigen der Schaltfläche „Nächste Seite“ gelangte der Kläger zu den Lieferungsmodalitäten und wählte dort die Option „Bekomme es geliefert“ aus. Anschließend betätigte er die weitere Schaltfläche „Nächste Seite“ und gelangte zum Formular „Abonnement überprüfen“. Durch Betätigten der Schaltfläche „Nächste Seite“ gelangte der Kläger zu den Zahlungsoptionen. Ohne eine der auf dieser Seite angegeben Zahlungsoptionen auszuwählen schloss der Kläger das Browser Fenster, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob es sich hierbei um einen Abbruch des Vorgangs handelte oder ein Unterlassen des Abschlusses des Bestellvorgangs.
Wegen der Einzelheiten des Bestellvorgangs wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien unstreitig zutreffende bildliche Darstellung in der Klageschrift vom 12.07.2021, dort S. 4 - 7, Bl. 4 - 7 d.A.
Am 7.04.2021 rief ein Mitarbeiter der Beklagten aus der Berliner Niederlassung, der sich als „Joseph“ ausgab, bei dem Kläger an und hinterließ auf dessen Mailbox eine Sprachnachricht, in der er den Kläger darum bat, einen Termin für die Abholung bzw. der Lieferung des Fahrrads zu vereinbaren. Für den Fall, dass kein Interesse bestehe, möge der Kläger dies mitteilen. Darüber hinaus erhielt der Kläger von jenem Mitarbeiter eine E-Mail, mit der er zur Vereinbarung eines Abholtermins für das Fahrrad aufgefordert wurde. Die dort angegebene E-Mail Adresse der Beklagten als Absender lautete ……………….
Am 14.04.2021 versendete die Beklagte eine weitere E-Mail an den Kläger. Darin heißt es auszugsweise wie folgt:
„Hi ………., vor einer Woche hast du uns eine Anfrage geschickt, unsere Support - Helden würden dir gerne weiterhelfen und benötigen noch weitere Infos. Du kannst dafür ganz einfach auf diese E-Mail antworten. [...]“
Wegen des weiteren Inhalts der E-Mail wird Bezug genommen auf die Anlage K6 (Bl. 71 d.A.).
Mit Schreiben vom 10.06.2021 forderte der Kläger die Beklagte unter Bezugnahme auf seine E-Mail vom 7.04.2021 und Fristsetzung bis zum 20.06.2021 auf, Auskunft nach Art. 15 DSGVO zu erteilen und Schadensersatz in Höhe von 1.000 EUR nach Art. 82 DSGVO an ihn zu zahlen.
Die Beklagte erwiderte mit E-Mail vom 2.07.2021, kein Auskunftsbegehren vom 7.04.2021 erhalten zu haben, stellte aber in Aussicht, vor dem 9.07.2021 Auskunft erteilen zu wollen.
Mit Klageschrift vom 12.07.2021, die bei Gericht am selben Tag einging, verfolgt der Kläger seine Ansprüche weiter.
Am 12.07.2021 teilte die Beklagte per E-Mail an den Kläger die aus der Anlage B1 (Bl. 52 d.A.) - auf deren Inhalt Bezug genommen wird - ersichtlichen Inhalte mit, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob hierin eine (teilweise) Erfüllung des geltend gemachten Auskunftsbegehrens zu sehen ist.
Der Kläger behauptet, er habe am 7.04.2021 eine E-Mail an die Beklagte versendet, die bei dieser auch eingegangen sei, mit der er u.a. Auskunft nach Art. 15 DSGVO begehrte. Wegen der Einzelheiten der E-Mail wird Bezug genommen auf die Anlage K3 (Bl. 15 d.A.). Eine Fehlermeldung habe er von seinem E-Mail Provider nicht erhalten. Mangels Angabe einer Postanschrift im Impressum habe der Kläger auch nicht per Einschreiben Kontakt aufnehmen können, so dass sich die Beklagte auf den fehlenden Zugang nicht berufen dürfe. Durch die weitere E-Mail der Beklagten vom 14.04.2021, Anlage K6 (Bl. 71 d.A.) sei auch belegt, dass die Beklagte am 7.04.2021 eine Anfrage des Klägers erhalten habe. Eine andere Anfrage des Klägers als die als Anlage K3 (Bl. 15 d.A.) vorgelegte E-Mail vom 7.04.2021 habe der Kläger nicht gestellt.
Er behauptet weiter, er sei durch die Kontaktaufnahme durch die Beklagte belästigt worden, insbesondere habe diese den Eindruck erweckt, es sei bereits ein Vertrag zwischen den Parteien zustande gekommen, welches der Kläger nur durch Ausübung eines Widerrufsrechts aktiv abwenden könne. Durch die Datenverarbeitung ohne Rechtsgrundlage sei dem Kläger ein hoher Rechercheaufwand entstanden, um etwaige Ansprüche der Beklagten abzuwehren.
Er meint, die Beklagte schulde Auskunft nach Art. 15 DSGVO. Der Anspruch auf Schadensersatz beruhe auf Art. 82 DSGVO, wobei der Beklagten zwei Verstöße zur Last zu legen seien, die jeweils mit 500,00 EUR Schadensersatz zu bemessen seien. Einerseits sei der Beklagten zur Last zu legen, dass sie ohne entsprechende Einwilligung und unter rechtswidriger Datenverarbeitung, also insbesondere ohne Rechtfertigung gemäß Art. 6 Abs. 1 a, b oder f DSGVO Kontakt mit dem Kläger aufgenommen habe. Er meint weiter, er habe nicht damit rechnen müssen, dass die Beklagte schon vor Absenden der Bestellung und Abschluss des Bestellvorgangs seine Daten verarbeite, insbesondere habe er dies nicht im Sinne der Vorschrift angefragt. Andererseits habe die Beklagte das Auskunftsverlangen unter Verstoß gegen Art. 12 Abs. 3 DSGVO nach seiner Auffassung bis heute nicht, aber jedenfalls nicht innerhalb eines Monats beantwortet. Die Angaben der Beklagten seien unvollständig, denn die Daten seien danach in einem System namens …………. gespeichert worden. Das Unternehmen …………. habe seinen Hauptsitz in USA. Deshalb sei bereits unklar, ob die Daten nicht in USA gespeichert und damit rechtswidrig in einem Drittland verarbeitet wurden. Die E-Mails vom 2.07.2021 und 14.04.2021 seien in der Auskunft nicht enthalten.
Das Amtsgericht Mitte hat auf Antrag der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung am 9.05.2022 die Klage durch Versäumnisurteil (Bl. 93 d.A.) vom selben Tag abgewiesen. Gegen das den Parteien am 10.05.2022 zugestellte (Bl. 97, 98 d.A.) Versäumnisurteil hat der Kläger mit bei Gericht am 16.05.2022 eingegangenen (Bl. 106 d.A.) Schriftsatz (Bl. 107 d.A.) Einspruch eingelegt.
Der Kläger beantragt nunmehr,
1. das Versäumnisurteil vom 9.05.2022 aufzuheben
- die Beklagte zur Zahlung von 1.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.05.2021 zu verurteilen;
- die Beklagte zur Erteilung einer Auskunft nach Art. 15 DSGVO über die von ihr verarbeiteten personenbezogenen Daten des Klägers entsprechend er E-Mail des Klägers vom 03.06.2021 zu verurteilen, d.h. Auskunft darüber
- welche personenbezogenen Daten ganz konkret bei Ihnen verarbeitet werden (z.B. Name, Vorname, Anschrift, Geburtsdatum, E-Mail-Adresse, Telefonnummer, etc.) sowie
- zu welchem Zweck diese Daten verarbeitet werden,
- Informationen über die Kategorien personenbezogener Daten, die verarbeitet werden,
- Empfänger bzw. Kategorien von Empfängern, die diese Daten bereits erhalten haben oder künftig noch erhalten werden,
- Informationen über die geplante Speicherdauer bzw. die Kriterien für die Festlegung dieser Dauer,
- das Bestehen eines Rechts auf Berichtigung oder Löschung der Daten oder auf Einschränkung der Verarbeitung,
- Information über ein ggf. bestehendes Widerspruchsrecht gegen diese Verarbeitung nach Art. 21 DSGVO,
- Information über das Beschwerderecht des Klägers bei der zuständigen Aufsichtsbehörde,
- Information über die Herkunft der Daten;
- aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik sowie die Tragweite und die angestrebten Auswirkungen solcher Verfahren, sofern eine automatisierte Entscheidungsfindung einschließlich Profiling stattfindet sowie
- falls eine Datenübermittlung in Drittländer stattfindet, Informationen, welche Garantien gemäß Art. 46 DSGVO vorgesehen sind;
- die Beklagte zur Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 367,23 € zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
das Versäumnisurteil vom 9.05.2022 aufrechtzuerhalten und die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, eine E-Mail vom 7.04.2021 des Klägers sei bei ihr nicht zugegangen, sie habe von der E-Mail erstmals mit Schreiben des Klägers vom 10.06.2021 Kenntnis erlangt, das ihr am 14.06.2021 per Post zugegangen sei. Ihre eigene E-Mail vom 14.04.2021 könne sich auf jedwede Anfrage des Klägers beziehen, zumal ein Datum nicht genannt sei. Sie behauptet weiter, sie habe am 7.04.2021 mit dem Kläger Kontakt aufgenommen, weil sie davon ausgegangen sei, dass er weitere Informationen benötige, um die Bestellung abzuschließen. Für sie sei nicht erkennbar gewesen, dass der Kläger den Vorgang abgebrochen habe.
Sie meint, der Auskunftsanspruch des Klägers sei bereits vor Klageerhebung erfüllt worden und sei deshalb unbegründet bzw. in der Hauptsache erledigt. Ein Anspruch auf Schadensersatz stehe dem Kläger nicht zu, denn die Datenverarbeitung sei gemäß Art. 6
Abs. 1 b) DSGVO zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen und gemäß Art. 6 Abs. 1 b) DSGVO zur Wahrung der insbesondere wirtschaftlichen und ideellen Recht der Beklagten erforderlich gewesen. Ein Schaden sei nicht ausreichend substantiiert dargelegt und auch sonst nicht ersichtlich. Das Auskunftsbegehren sei nach erstmaligem Zugang am 14.06.2021 fristgemäß am 12.07.2021 erfüllt worden. Das Auskunftsbegehren sei auch vollständig erfüllt worden, wobei offensichtliche Umstände wie der Zweck der Datenverarbeitung - nämlich die Vertragsanbahnung - nicht zu erläutern seien.
Das Gericht hat gemäß § 139 ZPO Hinweise erteilt, wegen deren Einzelheiten auf das Protokoll zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 1.03.2023, Bl. 146 ff. d.A. Bezug genommen wird. Die Parteien haben im Termin zur mündlichen Verhandlung am 1.03.2023,
Bl. 146 ff. d.A. ihre Zustimmung zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt.
Entscheidungsgründe
Auf den zulässigen Einspruch des Klägers wird der Rechtsstreit gemäß § 342 ZPO in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt der Säumnis befand. Danach ist das Versäumnisurteil wie aus dem Tenor ersichtlich abzuändern.
I. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht Mitte gemäß 21 Abs. 1 ZPO örtlich zuständig.
II. Die Klage ist aber lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch aus Art. 15 DSGVO auf Erteilung der begehrten Auskunft mehr zu. Denn der Anspruch wurde durch die Beklagte erfüllt.
Erfüllt ist ein Auskunftsanspruch gemäß § 362 Abs. 1 BGB grundsätzlich dann, wenn die Angaben nach dem erklärten Willen des Schuldners die Auskunft im geschuldeten Gesamtumfang darstellen. Wird die Auskunft in dieser Form erteilt, steht ihre etwaige inhaltliche Unrichtigkeit einer Erfüllung nicht entgegen. Der Verdacht, dass die erteilte Auskunft unvollständig oder unrichtig ist, kann einen Anspruch auf Auskunft in weitergehendem Umfang nicht begründen. Wesentlich für die Erfüllung des Auskunftsanspruchs ist daher die – gegebenenfalls konkludente – Erklärung des Auskunftsschuldners, dass die Auskunft vollständig ist (vgl. BGH NJW 2021, 765 = GRUR 2021, 110 Rn. 43 mwN).
Die Annahme eines derartigen Erklärungsinhalts setzt demnach voraus, dass die erteilte Auskunft erkennbar den Gegenstand des berechtigten Auskunftsbegehrens vollständig abdecken soll. Daran fehlt es beispielsweise dann, wenn sich der Auskunftspflichtige hinsichtlich einer bestimmten Kategorie von Auskunftsgegenständen nicht erklärt hat, etwa weil er irrigerweise davon ausgeht, er sei hinsichtlich dieser Gegenstände nicht zur Auskunft verpflichtet. Dann kann der Auskunftsberechtigte eine Ergänzung der Auskunft verlangen (vgl. BGH Urt. v. 6.3.1952 – IV ZR 45/50 und IV ZR 16/51, BeckRS 1952, 103508 Rn. 28 f.; Staudinger/Bittner/Kolbe, BGB, Neubearb. 2019, § 260 Rn. 36 und § 259 Rn. 32).
Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs hat die Beklagte das Auskunftsbegehren des Klägers erfüllt. Einerseits hat sie durch Übermittlung der Aufstellung nach Anlage B1 (Bl. 52 d.A.) unstreitig eine Auskunft an den Kläger übermittelt, die dieser auch erhalten hat. Soweit der Kläger rügt, die Auskunft sei unvollständig, mag ein Ergänzungsanspruch bei Klageerhebung bestanden haben. Spätestens nach der mit Klageerwiderung vom 29.04.2022, dort S. 5 ff. (Bl. 87 ff. d.A.) erteilten weiteren Auskunft hat die Beklagte aber erkennbar zum Ausdruck gebracht, das Auskunftsbegehren vollständig erfüllt zu haben wollen. Dies gilt insbesondere für den von dem Kläger in Bezug genommenen ursprünglichen Antrag zu 2. j) und k). Insoweit hat die Beklagte abschließende Negativauskunft erteilt (vgl. BGH, Urteil vom 15.6.2021 – VI ZR 576/19 = NJW 2021, 2726 Rn. 26).
Etwas anderes gilt auch nicht für die von dem Kläger weiter in Bezug genommenen ursprünglichen Anträge zu 2. f), g) und h). Insoweit kann dahinstehen, ob die Beklagte zur weitergehenden Auskunft verpflichtet war, obwohl es sich bei dem Kläger um eine
„rechtskundige Person“ handelte. Denn der Kläger hat unstreitig während des Bestellvorgangs nach Ausfüllen seiner personenbezogenen Daten durch Betätigen der Schaltfläche (Setzen eines „Häckchens“) bestätigt, die Datenschutzerklärung der Beklagten nach Anlage B3, dort Ziff. 10 (Bl. 166 d.A.) zur Kenntnis genommen zu haben, aus der sich Widerrufsrecht, Beschwerdemöglichkeit und die dem Antrag zu 2. f) entsprechenden Recht ergaben. Diese Auskunft hat die Beklagte unter Beifügung der Datenschutzerklärung mit Schriftsatz vom 22.03.2022 (Bl. 156 ff. d.A.) inhaltsgleich wiederholt und auch insoweit zum Ausdruck gebracht, dass sie die erteilte Auskunft als vollständig ansieht. Darauf hat der Kläger lediglich eingewendet, ohne entsprechenden Kontext seien die Angaben aus der Anlage B1 nicht geeignet, die Ausübung seiner Rechte zu ermöglichen. Dies ist vor dem Hintergrund der in Bezug genommenen Auskünfte (Anlage B1, B3 und Klageerwiderung) aber nicht ersichtlich. Schwierigkeiten bei der Ausübung seiner Rechte nach der DSGVO durch den Kläger mögen sich durch eine etwaige inhaltliche Unrichtigkeit ergeben, diese ist aber im Hinblick auf die Frage der Erfüllung eben nicht maßgeblich.
2. Dem Kläger steht gegen die Beklagte lediglich ein Anspruch auf Schadensersatz gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu. Danach hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter.
Der Kläger stützt den von ihm geltend gemachten Anspruch in Höhe von jeweils 500,00 EUR einerseits auf die von ihm behauptete rechtswidrige Datenverarbeitung durch die Beklagte und andererseits auf die verzögerte Erteilung einer - nach seiner Auffassung unvollständigen - Auskunft.
a) Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 250,00 EUR gemäß Art. 82 DSGVO. Denn die Datenverarbeitung durch die Beklagte war nicht im Sinne des Art. 6 Abs. 1 b) DSGVO erforderlich. Datenverarbeitung erfasst nach Art. 4 Nr. 2 DSGVO jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung.
Als Datenverarbeitung kommt danach im Wesentlichen das Speichern der Daten im Zusammenhang mit dem Bestellvorgang vor dessen Abschluss und das Verwenden dieser Daten zur Kontaktaufnahme mittels E-Mail und Telefon in Betracht. Zwar mag eine Verarbeitung in Form des Speicherns der Daten des Klägers auf der jeweiligen Formularseite nach Betätigen der Schaltfläche „Nächste Seite“ zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen (noch) erforderlich sein. Denn der Speicherung kann im Grundsatz bereits der von der Beklagten gewählte mehrstufige Bestellvorgang zugrunde liegen, der ein auch bloß kurzfristiges Zwischenspeichern vor der Zusammenfassung bei Abschluss der Bestellung erforderlich macht. Die Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen in Form der Verwendung der Daten zur Kontaktaufnahme geschah aber nicht auf Anfrage des Klägers. Jedenfalls war das Verwenden der Daten zur Kontaktaufnahme via E-Mail und Telefon nicht erforderlich.
Maßgeblich für die Erforderlichkeit der Datenverarbeitung ist, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Verarbeitung und dem konkreten Zweck des Vertragsverhältnisses besteht (so auch Albrecht/Jotzo Das neue DatenschutzR Teil 3 Rn. 43 mit Verweisen auf die Kommentarliteratur zu § 28 BDSG). Um diesen Zusammenhang bewerten zu können, ist stets auch der jeweilige konkrete Vertragstypus zu berücksichtigen. Verwendet ein Kunde eine Kreditkarte zur Zahlung, mag die längerfristige Speicherung dieser Daten nützlich sein, um eine potenzielle nächste Transaktion zu erleichtern und Verkäufe zu fördern; sie ist aber im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 Abs. 1 b) DSGVO nicht erforderlich für die Vertragserfüllung (BeckOK DatenschutzR/Albers/Veit, 43. Ed. 1.2.2023, DS-GVO Art. 6 Rn. 44 m.w.N.). Auch ist nicht schon jede dem Vertragszweck dienliche Verarbeitung bereits erforderlich, wenngleich sie auch nicht erst für den Vertragszweck unverzichtbar sein muss. Dementsprechend wird im Rahmen der Erforderlichkeit geprüft, ob dem Verarbeiter in dem Sinne Alternativen zumutbar sind, dass die Einwilligung im Vergleich zu Art. 6 Abs. 1 Abs. 1 b) DSGVO die adäquatere Verarbeitungsgrundlage ist (Bunnenberg, Privates Datenschutzrecht, 2020, S. 57 mit Verweis auf VGH München Beschl. v. 26.9.2018 – 5 CS 18.1157, NVwZ 2019, 171 Rn. 29; zit. nach BeckOK DatenschutzR/Albers/Veit, 43. Ed. 1.2.2023, DS-GVO Art. 6 Rn. 44).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war die Verwendung der Daten zur Kontaktaufnahme nicht erforderlich. Zu einem Vertragsschluss ist es unstreitig nicht gekommen. Das dem Verwenden der Daten vorgelagerte Geschehen und das Verwenden selbst mag aber als Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen anzusehen sein. Die streitgegenständliche Verwendung der Daten als Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen geschah aber bereits nicht „auf Anfrage“ des Klägers (anders als der Kläger meint bezieht sich die „Anfrage“ nach dem Verordnungswortlaut gerade nicht auf die Datenverarbeitung, sondern – eben – auf die Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen). Denn eine auch unterhalb der Schwelle des Art. 6 Abs. 1 a) DSGVO liegende Anfrage zum Erhalt von E- Mails oder Telefonanrufen bereits vor dem Versenden des Bestellformulars hat auch die Beklagte nicht dargelegt (und bewiesen). Insbesondere dient auch nach der Datenschutzerklärung der Beklagten – die der Kläger im Übrigen lediglich „akzeptierte“ - der„Aufbau und [die] Pflege der Kundenbeziehung“ der Vertragsdurchführung und gerade nicht der Vertragsanbahnung.
Jedenfalls war die Verwendung der Daten nicht erforderlich. Denn der Beklagten standen adäquatere Mittel zur Durchführung dieser konkreten Maßnahmen zur Verfügung: nämlich das Einholen einer entsprechenden Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 a) DSGVO. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Kontaktaufnahme via E-Mail, aber erst recht telefonisch einen erheblichen Eingriff in die Privatsphäre des Nutzers der Internetseite und damit eine besonders eingriffsintensive Form der Datenverarbeitung begründet, zumal es ersichtlich nach Abbruch des Bestellvorgangs zu keinem Vertragsschluss gekommen ist. Nach dem Vortrag der Beklagten diente diese Form der Datenverarbeitung allein dem Zweck zu verifizieren, weshalb es zu keinem Vertragsschluss gekommen war, mithin ob es technische Probleme gab, inhaltliche Fragen zum Bestellvorgang und / oder – dies wäre ein weiterer denkbarer Grund – die Vertragskonditionen für den Nutzer nicht zufriedenstellend schienen. Diese Fragen mögen für die wirtschaftliche Strategie der Beklagten hilfreich sein. Sie rechtfertigen aber keine derart eingriffsintensive Datenverarbeitung im vorvertraglichen Stadium.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO. Denn die Datenverarbeitung war danach auch nicht zur Wahrung der sonstigen berechtigten Interessen der Beklagten oder eines Dritten erforderlich. Berechtigte Interessen eines Dritten sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Aber auch unter Berücksichtigung des von der Beklagten vorgetragenen Datenverarbeitungszwecks (Verifizieren, weshalb kein Vertrag zustande kam), war jedenfalls kein Telefonanruf bei dem Kläger erforderlich. Denn der Beklagten standen zu diesem Zweck weniger eingriffsintensive, adäquatere Mittel zur Verfügung. Auf ein Überwiegen der Interessen, Grundrechte und Grundfreiheiten des Klägers kam es danach nicht an.
Weitere Ausnahmetatbestände, die eine Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung zur Folge hätten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Dem Kläger steht aber ein Anspruch gegen die Beklagte lediglich in Höhe von 250,00 EUR zu. Ein materieller Schaden wird von dem Kläger nicht geltend gemacht. Für den immateriellen Schadensersatz gelten die zu § 253 BGB entwickelten Grundsätze, die Ermittlung obliegt dem Gericht nach § 287 ZPO (ausdr. so BAG NJW 2022, 2779), da die DS-GVO insoweit keine Verfahrensmodalitäten regelt (BeckOK DatenschutzR/Quaas, 43. Ed. 1.2.2023, DS-GVO Art. 82 Rn. 31). Das Gericht kann bei der Bemessung Art, Schwere und Dauer des Verstoßes unter Berücksichtigung der Art, des Umfangs oder des Zwecks der betreffenden Verarbeitung, der Grad des Verschuldens, Maßnahmen zur Minderung des entstandenen Schadens berücksichtigen (vgl. auch BeckOK BGB/Spindler BGB § 253 Rn.
26; LG München I ZD 2022, 242 Rn. 36 und umfassend LAG Hamm ZD 2021, 710). Ob bei der Bemessung eine abschreckende Wirkung zu berücksichtigen ist, ist umstritten (BeckOK DatenschutzR/Quaas, 43. Ed. 1.2.2023, DS-GVO Art. 82 Rn. 31).
Bei der Bemessung war vorliegend zu berücksichtigen, dass es sich einerseits um eine bloß zweimalige Verwendung von Daten des Klägers handelt (E-Mail Adresse, Telefonnummer) und die Kontaktaufnahmen jeweils – wenngleich inhaltlich mindestens missverständlich – ihrem Umfang nach überschaubar waren, diese andererseits aber eine besonders eingriffsintensive Verarbeitungsform darstellen und auch für die Beklagte sich aufdrängen musste, dass eine jedenfalls telefonische Kontaktaufnahme im Verhältnis zum Verarbeitungszweck unangemessen war. Vor diesem Hintergrund erscheint auch unter Berücksichtigung einer abschreckenden Wirkung für die Beklagte der Betrag notwendig, aber auch ausreichend. Ein weitergehender Anspruch des Klägers besteht nicht. Hier war zu berücksichtigen, dass der Kläger unstreitig rechtlich bewandert ist und es keines – auch keines erhöhten – Rechercheaufwandes bedurfte, um festzustellen, dass kein Vertrag zwischen ihm und der Beklagten zustande gekommen war. Die Kontaktaufnahme mag Lästigkeitswert gehabt haben. Dieser erübrigte sich aber mit der Kontaktaufnahme selbst.
Die Entscheidung über die Zinsen beruht auf §§ 286, 288 BGB.
b. Ein weitergehender Schadensersatzanspruch steht dem Kläger nicht - auch nicht infolge verspäteter Auskunftserteilung - zu. Zwar hat die Beklagte den Zugang der E-Mail des Klägers vom 7.04.2021 nicht ausreichend bestritten. Ob und inwieweit die nicht darlegungsbelastete Partei ihren Sachvortrag substantiieren muss, lässt sich nur aus dem Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag bestimmen. Dabei obliegt es zunächst der darlegungsbelasteten Partei, ihr Vorbringen zu konkretisieren und zu detaillieren. Je detaillierter ihr Vorbringen ist, desto höher sind die Substantiierungsanforderungen gemäß § 138 Abs. 2 ZPO (vgl. BGH NJW-RR 2020, 1320; 2018, 1089; 2015, 468; 2011, 1509, jeweils m.w.N.). Substantiiertes Vorbringen kann danach grundsätzlich nicht - wie hier durch die Beklagte - pauschal bestritten werden (BGH NZG 2020, 1149; BGHZ 217, 327 = NZG 2018, 497; BGH NJW 2010, 1357), wenn der bestreitenden Partei substantiierter Gegenvortrag möglich und zumutbar ist. Hiervon ist in der Regel auszugehen, wenn die behaupteten Tatsachen in ihrem Wahrnehmungsbereich gelegen haben (BGH NJW-RR 2019, 1332 m.w.N.). Danach war von der Beklagten darzulegen und zu beweisen, auf welche Anfrage des Klägers „vor einer Woche“ sie sich in ihrer E-Mail vom 14.07.2021 nach Anlage K6 (Bl. 71 d.A.) bezog. Diese musste ihr – nach der ausdrücklichen Bezugnahme – auch vorliegen. Auch auf den Hinweis des Gerichts hat die Beklagte insoweit aber nicht weiter vorgetragen. Nach dem danach gemäß § 138 Abs. 3 ZPO unstreitigen Vortrag des Klägers kommt allein dessen E-Mail vom 7.04.2021 in Betracht.
Dem Kläger steht aber wegen einer Verletzung von Art. 12 Abs. 3 DSGVO kein Ersatzanspruch gemäß des allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden Art. 82 Abs. 1 DSGVO gegen die Beklagte zu. Das Landgericht Bonn führt überzeugend aus:
„Schließlich spricht die Norm nur demjenigen einen Schadensersatzanspruch zu, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung einen Schaden erlitten hat. Gemäß Art. 82 Abs. 2 DSGVO haften die Verantwortlichen - insoweit konkretisierend - für den Schaden, der durch eine nicht dieser Verordnung entsprechende Verarbeitung entstanden ist. Daher kommt nur ein Verstoß durch die Verarbeitung selbst in Betracht, die verordnungswidrig sein muss, umeinen Schadensersatzanspruch auszulösen. Aufgrund von anderen Verstößen, die nicht durch eine der DSGVO zuwiderlaufende Verarbeitung verursacht worden sind, kommt eine Haftung nach Art. 82 Absatz 1 DSGVO nicht in Betracht [Nachweise]. Eine bloße Verletzung der Informationsrechte der betroffenen Person aus Art. 12-15 führt daher nicht dazu, dass eine Datenverarbeitung, infolge derer das Informationsrecht entstanden ist, selbst verordnungswidrig ist“ (LG Bonn Urt. v. 1.7.2021 – 15 O 372/20).
Dieser Rechtsauffassung schließt sich dieses Gericht an. Darüber hinaus hat der Kläger auch insoweit keinen Schaden dargelegt. Allein, dass der Kläger auf die Datenauskunft „warten“ musste, kann auch nach dem Schadensmaßstab der DSGVO keinen ersatzfähigen Schaden begründen. Es muss auch bei einem immateriellen Schaden eine Beeinträchtigung eingetreten sein, die unabhängig von einer Erheblichkeitsschwelle wenigstens spürbar sein muss. Andernfalls scheidet ein „Schaden“ begrifflich schon aus. Eine solche Spürbarkeit kann dem Vorbringen des Klägers auch hier nicht entnommen werden.
3. Dem Kläger steht ein Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten gegen die Beklagte nach dem erkannten Gegenstandswert unter dem Gesichtspunkt des Verzugs zu.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Mangels Anwendbarkeit von § 709 S. 1 ZPO war auch keine Einschränkung der Vollstreckbarkeit nach § 709 S. 3 ZPO auszusprechen.