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Verstoß: Verarbeitung nicht erforderlicher Arbeitnehmerdaten

  • Beschreibung
    GPS-Tracking eines Firmenwagens für ca. einen Monat.
  • Aktenzeichen
    OGH – 9 ObA 120/19s vom 22.01.2020
  • Kategorie(n)
    Arbeitnehmer
  • Betrag
    400 €

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 418,78 EUR (darin 69,80 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war bei der Beklagten von 8. 5. 2017 bis 31. 1. 2018 als Außendienstmitarbeiter beschäftigt. Sein Bruttomonatsgehalt betrug 2.857,14 EUR. Zusätzlich erhielt der Kläger eine Umsatzprovision sowie einen Dienstwagen zur Verfügung gestellt, den er auch privat – unter Verrechnung eines Sachbezugs – nutzen durfte.

In diesem Dienstfahrzeug hatte die Beklagte von Beginn an – ohne Kenntnis des Klägers – ein GPS-Ortungssystem eingebaut.

Dieses GPS-Ortungssystem, das die Beklagte in jedem Dienstfahrzeug des Vertriebs eingebaut hatte, konnte die GPS-Daten rund um die Uhr übertragen, wodurch diese Fahrzeuge von der Beklagten auch in der Freizeit ihrer Arbeitnehmer geortet wurden. Zudem konnte das GPS-System auch den Batteriepegel der Fahrzeuge überwachen und erkennen, wann die Zündung eingeschaltet wird. Diese Daten konnten vom Geschäftsführer der Beklagten, dem Vertriebsleiter, dem Produktionsleiter und einer Innendienstleiterin jederzeit über das Internet angesehen werden. Die Beklagte nutzte das GPS-Ortungssystem nicht zur strategischen Vertriebssteuerung. Eine Betriebsvereinbarung über diese GPS-Ortung gab es bei der Beklagten nicht, zumal im Betrieb kein Betriebsrat existierte.

Nachdem der Kläger erstmals am 19. 7. 2019 zufällig Kenntnis von der ständig erfolgten GPS-Überwachung durch die Beklagte erlangte, erklärte er gegenüber dem Vertriebsleiter, seinem direkten Vorgesetzten bei der Beklagten, dass er mit der durchgehenden GPS-Ortung, vor allem in der Freizeit, nicht einverstanden sei. Den mehrmaligen schriftlichen und mündlichen Aufforderungen des Klägers, die Überwachung zumindest in der Freizeit zu unterlassen, kam die Beklagte jedoch nicht nach.

Die GPS-Ortung brachte für den Kläger erhebliche Unannehmlichkeiten. Oft wurde er von seinem Vorgesetzten angerufen und gefragt, warum er so spät von daheim weggefahren sei. Da der Kläger nicht wollte, dass sein Privatleben durch die GPS-Ortung des Dienstfahrzeugs kontrolliert und überwacht wurde, fuhr er auch nicht mit dem Dienstfahrzeug, sondern mit einem anderen Auto auf Urlaub.

Das Dienstverhältnis des Klägers endete durch Kündigung der Beklagten vom 18. 12. 2017. Vom 11. 12. 2017 bis 1. 1. 2018 war der Kläger in Krankenstand. Danach stellte ihn die Beklagte bis zum 18. 12. 2017 dienstfrei.

Der Kläger begehrt von der Beklagten – soweit noch revisionsverfangen – gestützt auf § 1328a ABGB einen ideellen Schadenersatz von 6.000 EUR (ca 1.000 EUR pro Monat). Durch die ständige rechtswidrige und schuldhafte GPS-Überwachung, auch in der Freizeit, habe die Beklagte erheblich in seine Privatsphäre eingegriffen. Durch die ständige Überwachung sei er massiv unter psychischem Druck gestanden.

Die Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte ein, dass der Kläger auf das im Dienstfahrzeug eingebaute GPS-Ortungssystem aufmerksam gemacht worden sei, er jedenfalls davon gewusst habe und damit einverstanden gewesen sei, die Dienstfahrzeuge aus Gründen des effizienten Fuhrparkmanagements und des Ressourceneinsatzes mit dem GPS-Ortungssystem ausgestattet worden seien und der Kläger ohnehin nicht in seiner Freizeit überwacht worden sei. Eine erhebliche Verletzung der Privatsphäre des Klägers liege nicht vor, weil die Beklagte keine Umstände verwertet habe, die geeignet seien, den Kläger in der Öffentlichkeit bloßzustellen.

Das Erstgericht sprach dem Kläger unter Anwendung des § 273 ZPO einen immateriellen Schadenersatz von 2.400 EUR (400 EUR pro Monat) zu. Die Überwachung eines Dienstnehmers mittels eines GPS-Ortungssystems stelle eine betriebliche Kontrollmaßnahme dar, die auch nach der Rechtsprechung des EGMR die Menschenwürde berühre. Deren Einführung hätte gemäß § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG einer Betriebsvereinbarung bedurft. Eine solche liege jedoch nicht vor. Der Kläger habe dieser Maßnahme auch nicht iSd § 10 AVRAG zugestimmt. Da die Beklagte daher rechtswidrig und schuldhaft in die Privatsphäre des Klägers eingegriffen habe, stehe dem Kläger gemäß § 1328a ABGB ein ideeller Schadenersatz zu.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es teilte die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts und ergänzte, dass schon die eindeutig gesetzwidrige Einführung des technischen Überwachungssystems der Beklagten die für die Zuerkennung eines ideellen Schadenersatzes nach § 1328a Abs 1 Satz 2 ABGB geforderte Erheblichkeitsschwelle überschritten habe. Schon damit sei der schädliche Erfolg eines rechtswidrigen Eingriffs in die Privatsphäre des Klägers eingetreten.

Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil zur Frage, ob ein ideeller Schadenersatz nach § 1328a ABGB gebühre, wenn die Einführung und Verwendung von Kontrollmaßnahmen und technischen Systemen, die die Menschenwürde berührten, ohne Einhaltung der Vorgaben des § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG bzw des § 10 Abs 1 AVRAG erfolgt sei, noch keine oberstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

In ihrer dagegen gerichteten Revision beantragt die Beklagte die Abänderung des Berufungsurteils im Sinne einer Klagsabweisung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision der Beklagten zurückzuweisen, in eventu der Revision keine Folge zu geben.

Die Revision ist zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1.1. § 1328a Abs 1 ABGB lautet:

Wer rechtswidrig und schuldhaft in die Privatsphäre eines Menschen eingreift oder Umstände aus der Privatsphäre eines Menschen offenbart oder verwertet, hat ihm den dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Bei erheblichen Verletzungen der Privatsphäre, etwa wenn Umstände daraus in einer Weise verwertet werden, die geeignet ist, den Menschen in der Öffentlichkeit bloßzustellen, umfasst der Ersatzanspruch auch eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.

1.2. Diese mit dem Zivilrechts-Änderungsgesetz 2004 – ZivRÄG 2004 (BGBl I 2003/91) in das ABGB eingefügte Bestimmung versteht sich als Ausführungsbestimmung zur Durchsetzung der in § 16 ABGB verankerten Persönlichkeitsrechte in ihrem Kernbereich der Würde des Einzelnen. Geschütztes Rechtsgut der Norm ist die Privatsphäre (4 Ob 51/12x Pkt 6.3.). Mit § 1328a ABGB wurde das Recht auf Wahrung der Privatsphäre, das sich bis dahin schon aus zahlreichen gesetzlichen Bestimmungen ableiten ließ, als eigenständiges Persönlichkeitsrecht ausdrücklich im ABGB verankert (RV 173 BlgNR 22. GP 5; Hinteregger in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.04 § 1328a Rz 1). Nach den Gesetzesmaterialien (RV 173 BlgNR 22. GP 1) wurde dem bislang nicht ausreichenden Schutz der Privatsphäre durch das Zivilrecht dadurch Rechnung getragen, dass dem Verletzten gegen erhebliche rechtswidrige Eingriffe in seine Privat- und Intimsphäre nun auch ein Anspruch auf immateriellen Schadenersatz gewährt wurde.

1.3. Unter den Begriff der Privatsphäre fällt der (höchst-)persönliche Lebensbereich eines Menschen, der nur einem eingeschränkten Personenkreis bekannt ist und üblicherweise nicht einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird (Reischauer in Rummel, ABGB4 § 1328a Rz 3; Hinteregger in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.04 § 1328a Rz 2; RV 173 BlgNR 22. GP 19; vgl RS0125721). Einen Anhaltspunkt für die Auslegung des Begriffs „Privatsphäre“ kann der verwandte Begriff des „Privatlebens“ in Art 8 Abs 1 EMRK bieten (Wittwer in Schwimann, ABGB-Takom4 § 1328a Rz 3; Danzl in KBB5 § 1328a ABGB Rz 3; RV 173 BlgNR 22. GP 17).

1.4. Die „persönlichen Rechte“ sind absolute Rechte und genießen als solche Schutz gegen Eingriffe Dritter (RS0008999). Nach herrschender Auffassung sind auch im Arbeitsverhältnis die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Dies ergibt sich insbesondere aus den §§ 16, 1157 ABGB und § 18 AngG (Grünanger, Videoüberwachung im Betrieb, ARD 6467/5/2015; vgl 9 ObA 109/06d9 ObA 95/08y9 ObA 82/15x).

2.1. Gemäß § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG bedarf die Einführung von Kontrollmaßnahmen und technischen Systemen zur Kontrolle der Arbeitnehmer durch den Betriebsinhaber, sofern diese Maßnahmen (Systeme) die Menschenwürde berühren, zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des Betriebsrats. Korrespondierend dazu normiert § 10 Abs 1 AVRAG, dass die Einführung und Verwendung von Kontrollmaßnahmen und technischen Systemen, welche die Menschenwürde berühren, unzulässig ist, es sei denn, diese Maßnahmen werden durch eine Betriebsvereinbarung iSd § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG geregelt oder erfolgen in Betrieben, in denen kein Betriebsrat eingerichtet ist, mit Zustimmung des Arbeitnehmers.

2.2. Unstrittig liegt hier für die Einführung und Verwendung des GPS-Ortungssystems in bestimmten Dienstfahrzeugen der Beklagten (so auch in jenem des Klägers) weder eine Betriebsvereinbarung noch eine Zustimmung des Klägers vor. Dies wäre aber aus folgenden Gründen erforderlich gewesen:

2.3. Unter einer Kontrollmaßnahme iSd § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG ist die systematische Überwachung von Eigenschaften, Handlungen oder des allgemeinen Verhaltens von Arbeitnehmern durch den Betriebsinhaber zu verstehen (9 ObA 109/06d; vgl Felten/Preiss in Gahleitner/Mosler, ArbVG³ § 96 Rz 44; Reissner in ZellKomm3 § 96 ArbVG Rz 22; Jabornegg in Strasser/Jabornegg/Resch, Komm zum ArbVG, § 96 Rz 129). Es geht dabei auch um von Seiten des Betriebsinhabers veranlasste Regelungen, die insbesondere vorschreiben, wann, unter welchen Umständen und auf welche Weise Arbeitnehmer während ihrer Arbeitsleistung (auch wenn sie außerhalb der Betriebsräumlichkeiten erbracht wird) zu irgendeinem Zweck überprüft werden (Jabornegg in Strasser/Jabornegg/Resch, Komm zum ArbVG, § 96 Rz 129; vgl 9 ObA 109/06d).

2.4. Bei dem von der Beklagten veranlassten GPS-Kontrollsystem handelt es sich zweifelsohne um eine auf Dauer angelegte systematische Überwachungsmöglichkeit des Aufenthaltsorts des Dienstfahrzeugs und damit des Klägers, der dieses Dienstfahrzeug sowohl beruflich als auch privat nutzte (vgl Goricnik/Grünanger in Grünanger/Goricnik, Arbeitnehmer-Datenschutz und Mitarbeiterkontrolle2 Kap 7 Rz 7.87 und 7.93). Damit griff die Beklagte in die Privatsphäre des Klägers ein.

3.1. Bei Maßnahmen oder Systemen, die – wie hier – die objektive Eignung zur Kontrolle der Arbeitnehmer erfüllen, ist dann gemäß § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG bzw § 10 Abs 1 AVRAG weiters zu prüfen, ob dadurch die Menschenwürde berührt ist. Zum unbestimmten Wert- und Rechtsbegriff „Menschenwürde“ wurde bereits in der Entscheidung 9 ObA 109/06d (Fingerprint-Scanner) ausgeführt, dass er aus der Konkretisierung von Generalklauseln des Zivilrechts (insbesondere § 879 ABGB) bzw des Arbeitsrechts (insbesondere Fürsorgepflicht iSd § 18 AngG, § 1157 ABGB) gewonnen werden muss. Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang § 16 ABGB zu, wonach jeder Mensch über angeborene natürliche Rechte verfügt. Es handelt sich dabei um eine Zentralnorm der österreichischen Rechtsordnung, die in ihrem Kernbereich die Menschenwürde schützt (9 ObA 23/15w Pkt 3. mwN; RS0008993). Der Gesetzgeber will mit der Anknüpfung an die „Menschenwürde“ in § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG erreichen, dass die freie Entfaltung der Persönlichkeit des Arbeitnehmers keinen übermäßigen Eingriffen ausgesetzt ist (9 ObA 23/15w Pkt 3. mwN). Auch die Privatsphäre eines Arbeitnehmers ist zu den von § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG geschützten Rechtsgütern zu zählen (9 ObA 23/15w Pkt 3. mwN).

3.2. Die Menschenwürde wird von einer Kontrollmaßnahme oder einem Kontrollsystem dann „berührt“, wenn dadurch die vom Arbeitnehmer in den Betrieb miteingebrachte Privatsphäre kontrolliert wird. Von der Privatsphäre abgesehen, kann aber auch durch die Kontrollintensität der Arbeitsleistung und des arbeitsbezogenen Verhaltens des Arbeitnehmers eine Berührung der Menschenwürde bewirkt werden, und zwar vor allem dann, wenn diese Kontrolle in übersteigerter Intensität organisiert wird und jenes Maß überschreitet, das für Arbeitsverhältnisse dieser Art typisch und geboten ist (9 ObA 109/06d mwN; 9 ObA 23/15w Pkt 5.). Andererseits verlangt das „Berühren“ der Menschenwürde keine solche Eingriffsdichte, die bereits als „Verletzung“ anzusehen wäre. Durch § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG soll nach den Vorstellungen des Gesetzgebers vielmehr der schmale Grenzbereich zwischen den die Menschenwürde verletzenden (und damit ohnehin sittenwidrigen) Maßnahmen und den die Menschenwürde überhaupt nicht tangierenden Maßnahmen des Betriebsinhabers geregelt werden (9 ObA 23/15w Pkt 4.).

3.3. Die Beantwortung der Frage, ob die Menschenwürde durch eine Kontrollmaßnahme auch nur berührt wird, bedarf einer umfassenden Abwägung der wechselseitigen Interessen (9 ObA 109/06d mwN = DRdA 2008/26 [zust Mosler] = ZAS 2007/16 [zust Schrank]; Biometrische Arbeitserfassung durch Fingerscanner, RdW 2007/371 [zust Maurer]; 9 ObA 23/15w Pkt 8. mwN = DRdA 2016/2 [zust Reissner/Schneeberger]; Jabornegg in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG § 96 Rz 140; Reissner in Zellkomm3 § 96 ArbVG Rz 24 aA Goricnik, Replik zu Reissner/Schneeberger, Anmerkung zu OGH 9 ObA 23/15w DRdA 2016/2, Alkoholkontrollen per Alkomat, DRdA 2016, 362 und Felten/Preiss in Gahleitner/Mosler, ArbVG³ § 96 Rz 54 ua). So sind einerseits die Interessen des Arbeitgebers, der im Arbeitsverhältnis ein grundsätzliches Recht zur Kontrolle der Arbeitnehmer hat, aber darüber hinaus zB auch sein Eigentum sichern und schützen will, und andererseits die Interessen des Arbeitnehmers an der Wahrung seiner Persönlichkeitsrechte gegeneinander abzuwägen. Dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit kommt hier regulierende Funktion zu. Persönlichkeitsrechte dürfen nur so weit beschränkt werden, als dies durch ein legitimes Kontrollinteresse des Arbeitgebers geboten ist. Es ist das schonendste – noch zum Ziel führende – Mittel zu wählen (9 ObA 23/15w Pkt 8. mwN; vgl RS0116695).

3.4. Die Beklagte hat sich im erstinstanzlichen Verfahren ausschließlich darauf berufen, dass die hier vorzunehmende Interessenabwägung deshalb zu ihren Gunsten ausfallen müsste, weil das GPS-Ortungssystem einem effizienten Fuhrparkmanagement und dem Ressourceneinsatz diene. Dies ist nach den bindenden Feststellungen aber nicht der Fall. Soweit die Beklagte nun in ihrer Revision erstmals ihr Interesse an der Verwendung des GPS-Ortungssystems mit ihrem Recht als Eigentümerin, das Dienstfahrzeug während der Arbeitszeit des Klägers zu lokalisieren, begründet, verstößt sie gegen das Neuerungsverbot des § 504 Abs 2 ZPO. Damit ist der Beklagten aber der ihr obliegende Beweis (RS0120423), dass sie in Verfolgung eines berechtigten Interesses gehandelt habe und dass die gesetzte Maßnahme ihrer Art nach zur Zweckerreichung geeignet gewesen sei, nicht gelungen. Durch die Verwendung des GPS-Ortungssystems im Dienstfahrzeug des Klägers während dessen Arbeitszeit (und Freizeit) hat sie rechtswidrig und schuldhaft (vorsätzlich) in die Privatsphäre des Klägers, nämlich seinen höchstpersönlichen Lebensbereich, eingegriffen (§ 1328a ABGB Abs 1 1. Fall).

3.5. Ausgehend von diesen Überlegungen berührt die dauernde Ortungsmöglichkeit während der Arbeitszeit des Klägers jedenfalls die Menschenwürde (vgl Goricnik/Grünanger in Grünanger/Goricnik, Arbeitnehmer-Datenschutz und Mitarbeiterkontrolle2 Kap 7 Rz 7.98; Binder in Tomandl, Arbeitsverfassungsgesetz § 96 Rz 74; Rebhahn in Kritik und Fortschritt im Rechtsstaat, Bd 34, Alles unter Kontrolle?, 144; Halwax, Rechtliche Rahmenbedingungen für den Einsatz von Telematiklösungen im Güterbeförderungsverkehr, DRdA 2012, 532 [533]; vgl Rauch, Grenzen der Kontrollmaßnahmen, ASoK 2010, 102 [105]). Solche Kontrollen des Arbeitgebers außerhalb der Dienstzeit sind jedenfalls unzulässig (Löschnigg, Arbeitsrecht13 Rz 11/116; Rebhahn in Kritik und Fortschritt im Rechtsstaat, Bd 34, Alles unter Kontrolle?, 144; vgl EGMR Bsw 35623/05 Pkt I.2.a.).

4. Ein immaterieller Schadenersatzanspruch nach § 1328a ABGB steht dem Verletzten nur bei „erheblichen“ Verletzungen der Privatsphäre zu. Die „Erheblichkeitsschwelle“ ist eine allgemeine Schranke für Ansprüche auf Ersatz immaterieller Schäden bei Eingriffen in die Persönlichkeitsrechte. Bei Beurteilung der Erheblichkeit eines Eingriffs kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an: Je „privater“ ein Umstand ist, in den eingegriffen oder der verwertet wird, je schwerwiegender das Verschulden des Störers ist und je gravierender die Folgen für den betroffenen Menschen sind, desto eher ist an immaterielle Schadenersatzansprüche zu denken (RV 173 BlgNR 22. GP 19). Entscheidend sind daher die Intensität und das Ausmaß der Verletzung (Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1328a ABGB Rz 11). Das Maß des Eingriffs darf nicht bloß unbedeutend sein (Hinteregger in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.04 § 1328a Rz 8). Auch beim Ersatz dieses ideellen Schadens steht der dem österreichischen Haftpflichtrecht immanente Ausgleichsgedanke im Vordergrund. Immaterieller Schadenersatz soll dann zugesprochen werden, wenn der Betroffene den Eingriff in seine Privatsphäre auch als solchen empfindet (Harrer/Wagner in Schwimann/Kodek4 § 1328a ABGB Rz 6; Helmich, ecolex 2003, 888 [Pkt D]). Als Beispiel nennt das Gesetz für die Erheblichkeit des Eingriffs in die Privatsphäre die Verwertung von privaten Umständen in einer Weise, die geeignet ist, den Betroffenen in der Öffentlichkeit bloßzustellen. Dies wurde den Bestimmungen der § 7 Abs 1 MedienG und § 33 Abs 2 DSG 2000 in den damals gültigen Fassungen entnommen (RV 173 BlgNR 22. GP 19).

5. Das in der Revision hervorgehobene Argument, der Eingriff in die Privatsphäre des Klägers sei hier schon deshalb nicht erheblich gewesen, weil die Beklagte keine privaten Umständen des Klägers in einer Weise verwertet habe, die geeignet gewesen sei, den Kläger in der Öffentlichkeit bloßzustellen, greift zu kurz. Die Beklagte übergeht, dass sie an ihrer rechtswidrigen Kontrollmaßnahme festhielt, obwohl sich der Kläger mehrmals bei ihr über deren Vorgangsweise beschwerte und diese aufforderte, die Überwachung des Dienstfahrzeugs zu unterlassen. Die Beklagte nahm nicht von ihrer rechtswidrigen Vorgangsweise Abstand, was zu beträchtlichen Unannehmlichkeiten für den Kläger führte. Nach Lage des Falls kann nicht von einem unerheblichen Eingriff in Persönlichkeitsrechte ausgegangen werden. Vielmehr liegt eine erhebliche Verletzung der Privatsphäre des Klägers iSd § 1328a Abs 1 ABGB vor.

6. Damit erweist sich der Zuspruch eines Schadenersatzes iSd § 1328a ABGB an den Kläger als berechtigt. Die Frage der Höhe wird in der Revision der Beklagten nicht thematisiert. Sie erscheint dem Senat angemessen.

Der Revision der Beklagten war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.